Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

Aktuell in der ZIP

SanInsFoG: Vom Grobkonzept zum Vollkonzept – Anforderungen an die betriebswirtschaftlichen Konzepte in Restrukturierungsplan, Eigenverwaltungsplanung und Insolvenzplan (Steffan/Oberg/Poppe, ZIP 2021, 617)

Mit Inkrafttreten des SanInsFoG zum 1. Januar 2021 hat der Gesetzgeber die EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen umgesetzt und neue Anforderungen an den Zugang zur Eigenverwaltung formuliert. Dabei hat er bewusst die betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Konzepte und das Beweismaß für deren geplante Umsetzungswahrscheinlichkeit für die jeweiligen Verfahrens- bzw. Sanierungsfortschritte für das StaRUG und die Eigenverwaltung inhaltlich gesetzesübergreifend gleichlaufend geregelt. Der Aufsatz zeigt auf, wie sich die betriebswirtschaftlichen Konzepte über die einzelnen Verfahrensschritte von einem Grobkonzept zu einem Vollkonzept verdichten müssen und welche Anforderungen an die verschiedenen Konzepte zu stellen sind. Eine Definition der Bestandsfähigkeit findet sich weder im Gesetzestext noch in der Gesetzesbegründung. Nach Auffassung der Verfasser wäre es jedoch kaum zu rechtfertigen, wenn vom Gesetzgeber mit dem StaRUG, welches auch gegen den Willen einzelner Gläubiger in deren Rechte eingreifen kann, ein geringerer Maßstab an die Sanierungsfähigkeit angelegt würde als bei einer konsensualen außergerichtlichen Sanierung, bei der ein derart weitreichender Eingriff in die Rechte dissentierender Gläubiger nicht möglich ist.


I. Einführung

II. Zunehmende Anforderungen an das betriebswirtschaftliche Konzept mit Sanierungs- bzw. Verfahrensfortschritt

1. Grundsätzliche Ausführungen

2. Konzept der Restrukturierung/Grobkonzept

3. Aktualisiertes Konzept der Restrukturierung/Aktualisiertes Grobkonzept

4. Vollkonzept bzw. Sanierungskonzept

4.1 Grundsätzliche Anforderungen an Sanierungskonzepte

4.2 Begründete Erklärung der Bestandsfähigkeit

III. Anforderungen an das Konzepts für die Restrukturierung für die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens

IV. Anforderungen an das Grobkonzept für den Antrag auf Stabilisierungsanordnung und die Eigenverwaltungsplanung

1. Gegenüberstellung der jeweiligen Anforderungen

2. Anforderungen an das aktualisierte Konzept der Restrukturierung bzw. Grobkonzept der Sanierung

3. Anforderungen an den Finanzplan

V. Anforderungen an die Erklärung zur Bestandsfähigkeit und das dem Insolvenzplan zugrunde liegende Konzept

1. Kernanforderungen an das Sanierungskonzept in der außergerichtlichen Sanierung

2. Sanierungskonzept und Insolvenzplan

VI. Zusammenfassung


I. Einführung


Mit dem SanInsFoG wird insbesondere das Ziel verfolgt, das Sanierungs- und Insolvenzrecht im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen und der Ergebnisse aus der Evaluierung des ESUG fortzuentwickeln. Daneben war der Gesetzgeber gefordert, auf die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie zu reagieren und das fortentwickelte Sanierungs- und Insolvenzrecht vorübergehend auf die durch die Krisenfolgen geprägte Sondersituation anzupassen.

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenverwaltung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers als Ergebnis des Evaluierungsprozesses stärker an die Zwecke der Eigenverwaltung und die Interessen der Gläubigerschaft ausgerichtet werden.

Waren bisher außergerichtliche Sanierungen nur möglich, wenn Konsens zwischen allen Beteiligten hergestellt werden konnte, liegt mit dem StaRUG ein Rechtsrahmen zur Ermöglichung insolvenzabwendender Sanierungen vor, der auf der Grundlage eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans seine Wirksamkeit entfaltet, soweit der Schuldner bereit und in der Lage ist, die Restrukturierung unter Wahrung der Interessen der Gläubigerschaft zu betreiben. Der Sanierungspraxis wird damit ein weiteres Werkzeug zur (außer)gerichtlichen Sanierung notleidender Unternehmen zur Verfügung gestellt. Der Restrukturierungsplan umfasst ein betriebswirtschaftliches Restrukturierungs- bzw. Sanierungskonzept sowie weitere Elemente, die im Wesentlichen an die Anforderungen an eigenverwaltende Insolvenzplanverfahren angelehnt und insoweit der Sanierungspraxis durchaus bekannt sind. Dies gilt auch für die Anforderungen in einzelnen Verfahrensschritten bzw. für einzelne Instrumente des Restrukturierungsrahmens, wie beispielsweise dem geforderten betriebswirtschaftlichen Konzept für die Restrukturierung, das, wie nachfolgend aufgezeigt wird, bezüglich des betriebswirtschaftlichen Inhalts dem entspricht, was als Teil der Eigenverwaltungsplanung in Form eines Grobkonzepts der Sanierung gefordert ist und – wenn es die nicht offensichtliche Aussichtslosigkeit der Sanierung zu beurteilen galt – bisher schon Gegenstand der bis Ende 2020 in § 270b InsO geregelten Schutzschirmbescheinigung war.

Eine intensive Befassung mit der wirtschaftlichen und rechtlichen Ausgangslage des Unternehmens in seinem wirtschaftlichen Umfeld, einschließlich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, dem Krisenstadium und den Krisenursachen, der Erarbeitung eines Leitbilds mit dem Geschäftsmodell des sanierten Unternehmens und die hierfür erforderlichen leistungswirtschaftlichen und finanziellen Sanierungsmaßnahmen 8 sind Grundvoraussetzung für eine erfolgversprechende Sanierung. Dem Restrukturierungs- bzw. Sanierungskonzept kommt deshalb eine zentrale Bedeutung für den Erfolg der Sanierung zu.

Die nachfolgende Übersicht zeigt neben der generell immer möglichen frei verhandelbaren Sanierung mit Konsenserfordernis aller Beteiligten, mit dem Restrukturierungsplan, der Eigenverwaltung mit Schutzschirmverfahren und dem Insolvenzplan, die im Krisenverlauf eines Unternehmens zur Verfügung stehenden gesetzlich geregelten Verfahren. Auch wenn für den Restrukturierungsplan noch keine praktischen Erfahrungen vorliegen, kann bezüglich der betriebswirtschaftlichen Anforderungen an das Konzept für die Restrukturierung und seine weiteren Elemente, zumindest in Teilen – in analoger Anwendung – auf bestehende IDW Standards zurückgegriffen werden. Die Übersicht ist deshalb ergänzt um den aktuellen Stand der vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) veröffentlichten Standards, die die rechtlichen und insbesondere betriebswirtschaftlichen Anforderungen zugrunde legen, die in der jeweiligen Krisensituation zu beachten sind.

Dabei wurden IDW ES 9 n. F. (Bescheinigungen nach §§ 270d und 270a InsO) und IDW ES 11 n. F. (Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen) an die mit dem SanInsFoG geänderten rechtlichen Vorgaben angepasst. Der IDW ES 9 n. F. wurde zudem inhaltlich um die Anforderungen des § 270a InsO (Eigenverwaltungsplanung und sonstige Erklärungen) erweitert. Der Erweiterung des Standards liegt der Umstand zugrunde, dass die Vorbereitung einer Sanierung über ein Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO nur bei einer zeitgleich beantragten Eigenverwaltung nach §§ 270, 270a InsO erreicht werden kann, die an bestimmte Anforderungen geknüpft ist. Die Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b InsO) und damit mittelbar auch für die Eigenverwaltung (§ 270f InsO) knüpfen an den Gegenstand dieser Antragsanlagen an. Insoweit kann der „Bescheiniger“ bei der Beurteilung, ob Sanierungshindernisse vorliegen, (...)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.03.2021 07:53
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite