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GmbH digital - Online-Gründung und Online-Verfahren für Registeranmeldungen nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum DiRUG (Stelmaszczyk/Kienzle, ZIP 2021, 765)

Mit der Verabschiedung des EU-Company Law Package im Frühjahr 2019 hat der Unionsgesetzgeber einen wichtigen Schritt zur Anpassung des europäischen Gesellschaftsrechts an das digitale Zeitalter unternommen. Nun liegt der Ball bei den nationalen Gesetzgebern; sie müssen die Bestimmungen der Digitalisierungsrichtlinie innerhalb kurzer Frist in nationales Recht umsetzen. Nachdem das BMJV am 18.12.2020 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vorgelegt hatte, wurde der Gesetzentwurf bereits am 10.2.2021 mit wenigen – jedoch bedeutsamen – Änderungen durch das Bundeskabinett beschlossen. Erklärtes Ziel ist es, das Gesetzgebungsverfahren noch im ersten Halbjahr 2021 – und damit rechtzeitig vor dem Ende der Legislaturperiode des 19. Deutschen Bundestags – abzuschließen. Der Beitrag stellt die Neuregelungen für die Online-Gründung von GmbH und die Online-Verfahren für Registeranmeldungen nach dem Regierungsentwurf unter besonderer Berücksichtigung der Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf vor.

I.  Einführung
II.  Die Online-Gründung der GmbH

1.  Überblick über die Neuregelungen
2.  Beurkundung mittels Videokommunikation
2.1  Der Einstieg: Das Gründer-Portal der Bundesnotarkammer
2.1.1  Startseite und Information der Gründer
2.1.2  Registrierung und Signaturerstellung
2.1.3  Notarauswahl und Weiterentwicklung des Amtsbereichsprinzip
2.1.4  Terminauswahl und Angaben zur Gesellschaft
2.2  Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer
2.3  Verlässliche Identifizierung der Beteiligten
2.4  Ablehnung der Beurkundung mittles Videokommunikation
2.5  Gründung durch juristische Personen und Personengesellschaften
2.6  Gründung durch rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte
2.7  Gründung durch Mustersatzung
3.  Kapitalaufbringung und Eintragungsfrist
4.  Bündelung weiterer Schritte zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs nach dem One-Stop-Shop-Gedanken
4.1  Gewerbeanmeldung (Anbindung an das Verwaltungsportal des Bundes und der Länder)
4.2  Anbindung der Banken
4.3  Anbindung weiterer öffentlicher Stellen
III.  Online-Registeranmeldungen
IV.  Zweigniederlassungen
V.  Fazit


I.  Einführung

Angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Wertschöpfung im Zuge der vierten industriellen Revolution ("Industrie 4.0") wurden seit geraumer Zeit Rufe nach einer Digitalisierung der hierfür bereitgestellten Gesellschaftsformen laut. Sie fanden ihren pointierten Ausdruck in der Frage, ob eine digitalisierte Wirtschaft eine digitalisierte GmbH benötige. Der Unionsgeber hat diese Frage jüngst mit der Richtlinie (EU) 2019/1151 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (DigitalisierungsRL) beantwortet. In deren Zentrum steht die unionsweite Online-Gründung von Kapitalgesellschaften. Daneben werden u.a. Online-Verfahren für Registeranmeldungen, die Einreichung von Gesellschaftsunterlagen und Zweigniederlassungen geregelt.

Die DigitalisierungsRL führt damit zwar nicht zu der von mancher Seite erhofften Revolution des europäischen Gesellschaftsrechts. Die vollständig digitalisierte GmbH bleibt eine mehr oder minder erstrebenswerte Vision. Gleichwohl nimmt die Digitalisierung des europäischen Gesellschaftsrechts mit der Richtlinie eine bedeutende Entwicklungsstufe. Die unionsweite Einführung der Online-Gründung wird die Gründung von Kapitalgesellschaften in innerstaatlichen wie grenzüberschreitenden Sachverhalten erleichtern. Mindeststandards und Schutzvorkehrungen ermöglichen – wie bereits an anderer Stelle aufgezeigt wurde – ein rechtssicheres Gründungsverfahren und verhindern Missbrauch. Öffnungsklauseln erlauben den Mitgliedstaaten eine Anpassung der europäischen Vorgaben an ihre nationalen Rechtstraditionen, namentlich durch die verbindliche Einbindung des Notars, dessen wesentliche Bedeutung für die Gewährleistung von Rechtssicherheit und Verhinderung von Missbräuchen – auch und gerade im digitalen Zeitalter – vom EU-Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt wird. Die Richtlinie vermeidet damit disruptive Ansätze und ermöglicht eine umsichtige Überführung der gewachsenen Strukturen des nationalen Handels- und Gesellschaftsrechts in die neuen digitalen Verfahren.

Von eben dieser Möglichkeit macht der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der DigitalisierungsRL (DiRUG-RegE) Gebrauch. Zur Online-Gründung der GmbH werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels

Videokommunikation geschaffen. Ferner soll die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen mittels Videokommunikation durch Notare ermöglicht werden, wodurch auch die Eintragung von Zweigniederlassungen sowie die Einreichung von Dokumenten vollständig online erledigt werden können. Die Ausgestaltung dieser Online-Verfahren ist ausweislich der Regierungsbegründung von der Beibehaltung der hohen Standards notarieller Beurkundungsverfahren geleitet. Auch die Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf ist weitestgehnd zustimmend und fordert im Kern lediglich eine Ausweitung des notariellen Online-Verfahrens auf Registeranmeldungen betreffend Personenhandelsgesellschaften sowie Satzungsänderungen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen und Bürger voraussichtlich ab dem 1.8.2022 die Möglichkeit erhalten werden, eine GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) vom eigenen Schreibtisch aus unter Einhaltung der bestehenden Sicherheitsstandards online zu gründen, ohne dass die Beteiligten auf die bewährte Beratungsleistung durch den Notar verzichten müssen. Eckpfeiler des notariellen Online-Verfahrens sind die audiovisuelle Echtzeitkommunikation mit der Notarin oder dem Notar ) über ein von der Bundesnotarkammer zu betreibendes Videokommunikationssystem, die sichere digitale Identifikation und die elektronische Unterschrift mittels qualifizierter elektronischer Signatur. Das Ergebnis wird eine originär elektronische notarielle Urkunde sein, die im Elektronischen Urkundenarchiv der Bundesnotarkammer verwahrt wird.

Der Beitrag stellt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum DiRUG unter besonderer Berücksichtigung der Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf vor. Für die Beratungs- und Gestaltungspraxis von besonderem Interesse sind die Neuregelungen zur Online-Gründung einer GmbH oder einer UG (haftungsbeschränkt) (unter II). Sodann werden die neuen Online-Verfahren für Registeranmeldungen (unter III) und Zweigniederlassungen (unter IV) behandelt. Auf die Neuregelungen zur Offenlegung von Registerinformationen sowie zum (verbesserten) grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer kann aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden.

II. Die Online-Gründung der GmbH
Kernstück des DiRUG-RegE ist aus Sicht der Praxis die Einführung der Online-Gründung von GmbH und UG (haftungsbeschränkt).

1. Überblick über die Neuregelungen
Während die DigitalisierungsRL grundsätzlich die Online-Gründung für sämtliche Kapitalgesellschaftsformen vorschreibt, macht der DiRUG-RegE umfassend von der Opt-Out-Möglichkeit des Art. 13g Abs. 1 Unterabs. 2 GesRRL Gebrauch und schließt sowohl die AG als auch die KGaA vom Anwendungsbereich der Online-Gründung aus. Angesichts der deutlich größeren Komplexität des Gründungsvorgangs dieser Gesellschaftsformen erscheint diese Einschränkung auch ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.04.2021 10:08
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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