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Abgasskandal: BGH bestätigt Schadensersatz nach Fahrzeug-Verkauf

Berlin-Schönefeld, 15. Juni 2021. Wer ein illegal manipuliertes Auto gekauft und später verkauft hat, hat dennoch Anspruch auf Schadensersatz. Das gaben die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) heute bekannt.

Eine Urteilsverkündung in der Sache wird in den kommenden Tagen erwartet. “Durch die Entscheidung fügt sich ein weiteres Puzzleteil in der verbraucherrechtlichen Aufarbeitung des Abgasskandals zusammen. Von dem Urteil profitieren Zehntausende Verbraucher, die ihr Abgasskandal-Auto mittlerweile veräußert haben“, kommentiert der Rechtsanwalt Claus Goldenstein, Inhaber der Kanzlei Goldenstein. Nachfolgend ordnet er die Entscheidung der BGH-Richter ein: 

 

 

“Hätten die Käufer von manipulierten Fahrzeugen bereits zum Anschaffungszeitpunkt von dem Betrug gewusst, hätten sie den Autokauf sicherlich nicht zu denselben Konditionen abgewickelt. Darüber hinaus erhielten die PKW-Besitzer beim Weiterverkauf oft deutlich niedrigere Summen als die Besitzer von nicht-manipulierten Fahrzeugen.  

 

Die Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen – insbesondere nach illegal manipulierten PKW – ist nämlich wegen des Abgasskandals massiv eingebrochen. Daher ist es nur logisch, dass betroffene Verbraucher für diesen Wertverlust entschädigt werden. Der Bundesgerichtshof stärkt heute korrekterweise die Rechte von betroffenen Verbrauchern. 

 

Auch fast sechs Jahre nach dem Bekanntwerden des VW-Abgasskandals ist das Thema juristisch noch immer nicht vollständig aufgearbeitet worden. Die aktuelle Entscheidung trägt hierzu jedoch einen Teil bei und ist für viele Verbraucher relevant. Von dem Urteil profitieren unter anderem auch ehemalige Halter von Audi-, Fiat-, Iveco-, Mercedes-Benz- und Opel-Fahrzeugen, denn auch diese Hersteller haben ihre Fahrzeuge illegal manipuliert.” 

 

 

Das sind die Hintergründe des Verfahrens 

 

Die BGH-Richter haben sich heute mit zwei ähnlichen Verfahren befasst. In dem einen Fall geht es um einen VW mit EA 189-Motor. Dieser Diesel-Motor wurde nachweislich manipuliert. Die Klägerin hat das Fahrzeug bereits verkauft, fordert aber dennoch Schadensersatz von Volkswagen. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln gab der Frau Recht und argumentierte, dass das Fahrzeug beim ursprünglichen Kauf mangelhaft war. 

 

Der BGH wird dieser Argumentation nun folgen und VW zu der Auszahlung von Schadensersatz verurteilen. Die Klägerin erhält voraussichtlich eine Entschädigung in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises abzüglich des Verkaufspreises und einer Nutzungsentschädigung, die sich an der Laufleistung des PKW zum Verkaufszeitpunkt orientiert.   

 

In dem zweiten Verfahren geht es um einen Kläger, der sein manipuliertes VW-Auto bei einem Audi-Vertragshändler in Zahlung gegeben hat und zusätzlich eine Wechselprämie in Höhe von 6000 Euro erhielt. Das OLG Oldenburg entschied, dass sich zumindest diese Wechselprämie nicht negativ auf den Schadensersatzanspruch des Klägers auswirken solle. Auch diese Entscheidung bestätigen die BGH-Richter nun, wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchblicken ließen. 

 

 

Diese Rechte haben die Besitzer von manipulierten Fahrzeugen 

 

Wer ein manipuliertes Fahrzeug besitzt, hat die Möglichkeit, das Auto an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammensetzt. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger ab dem Tag der Klage-Einreichung Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen. 

 

Alternativ besteht auch die Option, das manipulierte Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. In diesem Fall lässt sich etwa 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form von Schadensersatz durchsetzen.  

 

PKW-Besitzer, die ihre Rechtsansprüche im Abgasskandal nicht während der dreijährigen Verjährungsfrist durchgesetzt haben, können bis zu zehn Jahre nach dem Fahrzeugkauf Restschadensersatzansprüche durchsetzen. Dies wurde bereits von den Oberlandesgerichten in Düsseldorf, Oldenburg und Stuttgart bestätigt. In diesem Fall berechnet sich die Entschädigungssumme aus dem ursprünglichen Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung sowie der Händlermarge in Höhe von 15 Prozent. 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.06.2021 09:24

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