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VG Karlsruhe v. 30.6.2021 - 9 K 67/21

Einsatz eines Servicemonteurs in Corona-Risikogebiet: Unternehmen hat keinen Anspruch auf Entschädigung für anschließende Quarantäne

Das Verfahren betrifft die Klage eines Maschinenbauunternehmens auf Erstattung des Arbeitsentgelts, das das Unternehmen an einen Arbeitnehmer während dessen Quarantänepflicht gezahlt hatte und bei dem es sich nach seiner Rechtsauffassung um eine für das nun beklagte Land Baden-Württemberg vorgeleistete Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz handelte.

Der Sachverhalt:
Die Klage betraf den Bereich der Entschädigungsansprüche wegen des Verdienstausfalls von Arbeitnehmern und Selbständigen im Fall von Schul- und Kita-Schließungen oder der Anordnung einer Quarantäne, für den die Verwaltungsgerichte im November 2020 die gerichtliche Zuständigkeit erhalten haben (§ 68 Abs. 1 i.V.m. §§ 56 ff. Infektionsschutzgesetz). Seitdem sind bereits zahlreiche solcher Entschädigungsverfahren eingegangen, in denen sich das VG - wie im Fall der vorliegenden, im Januar 2021 erhobenen Klage - im Interesse aller Beteiligten um eine zeitnahe Entscheidung bemüht.

Im konkreten Fall hatte sich ein bei dem klagenden Maschinenbauunternehmen angestellter Servicemonteur zur Behebung eines Maschinenausfalls bei einem Kunden nach Österreich begeben, das zu diesem Zeitpunkt als Corona-Risikogebiet eingestuft war. Nach der Rückkehr des Servicemonteurs nach Deutschland teilte ihm seine Wohnortgemeinde mit, dass er sich in eine 14-tägige häusliche Quarantäne (Absonderung) begeben müsse. Das klagende Unternehmen zahlte ihm während des Quarantänezeitraums sein Arbeitsentgelt fort.

Das VG wies die auf Erstattung des fortgezahlten Arbeitsentgelts durch das Land Baden-Württemberg gerichtete Klage ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Die Gründe:
Dem Servicemonteur ist kein Verdienstausfall entstanden, dessen Ausgleich durch das Unternehmen nach dem Infektionsschutzgesetz erstattungsfähig sein könnte. Er hat vielmehr eine Lohnfortzahlung erhalten, zu der das Unternehmen auch arbeitsrechtlich verpflichtet war.

Der Arbeitsausfall ist aufgrund der unternehmerischen Entscheidung eingetreten, den Auftrag in einem Corona-Risikogebiet anzunehmen und durch den in Baden-Württemberg beschäftigten Servicemonteur durchführen zu lassen, obwohl dessen anschließende Absonderung vorhersehbar war. Daher fällt der Arbeitsausfall in die Risikosphäre des Unternehmens und ist jedenfalls nicht von dem Servicemonteur, dem eine Weisung zur Vornahme der Dienstreise nach Österreich erteilt worden ist, verschuldet worden.

Aber auch unabhängig von der erhaltenen Lohnfortzahlung hat der Servicemonteur keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, deren Übernahme durch das Unternehmen erstattungsfähig sein könnte. Die Dienstreise nach Österreich war im Sinne der maßgeblichen Regelung des Infektionsschutzgesetzes vermeidbar, da es sich bei dem zu behebenden Maschinenschaden nicht um ein höchstpersönliches oder vergleichbares außergewöhnliches Ereignis handelte. Eine Unvermeidbarkeit liegt nicht vor, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Reise in ein Corona-Risikogebiet aufgrund unternehmerischer oder finanzieller Interessen des Arbeitgebers unternommen wurde.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.07.2021 12:27
Quelle: VG Karlsruhe PM vom 30.6.2021

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