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FG Münster v. 11.5.2021 - 9 K 2274/19 G

Keine erweiterte Kürzung bei der Vermietung von Seniorenwohnungen bei gleichzeitiger Erbringung zusätzlicher Leistungen durch eine Schwestergesellschaft

Eine GmbH kann die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nicht in Anspruch nehmen, wenn sie Wohnungen vermietet, deren Mieter im Rahmen eines einheitlichen Konzepts (Seniorenresidenz) Dienstleistungsverträge mit einer Schwestergesellschaft abschließen.

Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks, in dem sich Wohnungen, eine Arztpraxis, ein Friseursalon, eine Fußpflegepraxis, ein Ladenlokal und ein Café befinden. Die Wohnungen vermietet sie an Senioren. Die Mieter schließen mit einer GmbH & Co. KG, deren Gesellschafterbestand mit dem der Klägerin identisch ist, Dienstleistungsverträge über die Reinigung der Wohnungen, Wäscheservice, Hausmeisterdienst und Verpflegung ab. Die Verpflegung nehmen die Bewohner in dem auf dem Grundstück befindlichen Café ein, das die Klägerin der KG mit privatschriftlichen Kaufvertrag "übertragen" bzw. "abgetreten" hatte.

Das Finanzamt lehnte die von der Klägerin beantragte erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung ab, da die Wohnungsmietverträge an die Abschlüsse der Dienstleistungsverträge gekoppelt seien. Hierfür spreche insbesondere, dass die Klägerin die Wohnungen auf ihrer Internetseite zusammen mit den von der KG erbrachten Zusatzleistungen bewerbe. Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Klage wandte die Klägerin ein, dass sie ausschließlich Vermietungsleistungen und keine gewerblichen Leistungen erbringe.

Das FG wies der hiergegen gerichtete Klage ab. Die beim BFH anhängige Revision der Klägerin wird dort unter dem Az. III R 26/21 geführt.

Die Gründe:
Es liegen zwar die grundsätzlichen Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung vor, weil die Klägerin ausschließlich eigenen Grundbesitz vermietet. Es greift jedoch die Ausnahmeregelung gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ein, da die Vermietung dem Gewerbebetrieb der beteiligungsidentischen KG dient. Für ein "Dienen" im Sinne dieser Vorschrift reicht es aus, dass die Vermietung der KG allgemein von Nutzen ist. Das Grundstück wäre ohne Zwischenschaltung der Klägerin notwendiges Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter. Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass die Klägerin der KG das Café überlassen hat, denn dadurch hat sie ihr wirtschaftliches Eigentum an diesem Gebäudeteil an die KG übertragen. Für Gewerbesteuerzwecke ist hierfür die Begründung zivilrechtlichen Teileigentums nicht erforderlich.

Allerdings dient der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter deshalb, weil die gewerbliche Erbringung der Serviceleistungen durch die KG mit der Vermietung der Wohnungen untrennbar zusammenhängt und damit eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Hierfür sprechen die Gesamtumstände. Die Mietverträge und die Dienstleistungsverträge werden den Bewohnern gleichzeitig vorgelegt und mit ihnen abgeschlossen und eine Kündigung ist nur einheitlich möglich. Die Preisaufteilung ist nicht fremdüblich, weil die Kaltmiete für die Wohnungen etwa das Doppelte der ortsüblichen Miete beträgt, während das Entgelt für die Dienstleistungen äußerst niedrig bemessen ist. Unüblich ist im Rahmen einer vermögensverwaltenden Wohnungsvermietung auch, dass die Höhe der Kaltmiete von der Bewohnerzahl abhängt. Zudem stellt die Erbringung der Serviceleistungen für die Bewohner einer Seniorenresidenz einen gewichtigen Vorteil dar. Schließlich spricht die Bewerbung d er Wohnungsvermietungen zusammen mit den Serviceleistungen für eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.08.2021 15:36
Quelle: FG Münster NL vom 16.8.2021

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