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VG Wiesbaden v. 31.8.2021 - 6 K 226/21.WI

EuGH-Vorlage wegen der Eintragung einer Restschuldbefreiung bei der SCHUFA

Das VG Wiesbaden hat eine Vorlage an den EuGH gerichtet bzgl. der Eintragung einer Restschuldbefreiung bei der SCHUFA Holding AG. Es soll u.a. geklärt werden, ob die Entscheidung der Aufsichtsbehörde der vollen inhaltlichen Kontrolle der Gerichte unterliegt.

Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrt die Eintragung einer Restschuldbefreiung aus dem Verzeichnis der SCHUFA Holding AG, einer privaten Wirtschaftsauskunftei, zu löschen.

Die Information hinsichtlich der Restschuldbefreiung stammt aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte, bei denen sie nach sechs Monaten gelöscht wird. Bei der SCHUFA erfolgt eine Löschung gemäß der "Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien" vom 25.5.2018 des Verbandes "Die Wirtschaftsauskunfteien e.V." erst drei Jahre nach der Eintragung. In Bezug auf die Löschung wandte sich der Kläger mit einer Beschwerde an den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als Aufsichtsbehörde, der auf die Löschung der Eintragung bei der SCHUFA Holding AG hinwirken solle. Dieser lehnte das Begehren des Klägers jedoch ab.

Das VG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Klärung vor.

Die Gründe:
Zum einen ist zu klären, ob es genügt, wenn sich der Datenschutzbeauftragte wie im Falle einer Petition mit der Beschwerde der betroffenen Person überhaupt befasst und sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums über den Stand und das Ergebnis der Beschwerde unterrichtet. Es bestehen Zweifel, ob diese Auffassung mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar ist, da hierdurch das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen die Aufsichtsbehörde eingeschränkt wird. Es bedarf einer Klärung, ob die Entscheidung der Aufsichtsbehörde der vollen inhaltlichen Kontrolle der Gerichte unterliegt.

Zudem möchte das VG wissen, ob die Eintragungen aus den öffentlichen Verzeichnissen, etwa aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte, eins zu eins in privat geführte Verzeichnisse übertragen werden können, ohne dass ein konkreter Anlass zur Datenspeicherung bei der privaten Wirtschaftsauskunftei besteht. Zweck der Speicherung ist vielmehr, die Daten im Fall einer eventuellen Auskunftsanfrage durch ein Wirtschaftsunternehmen, z.B. eine Bank, verwenden zu können. Ob eine solche Auskunft jemals nachgefragt wird, ist dabei vollkommen offen.

Dies führt letztendlich zu einer Vorratsdatenspeicherung, vor allem dann, wenn in dem nationalen Register die Daten schon wegen Ablaufs der Speicherfrist gelöscht worden sind. Die streitgegenständliche Restschuldenbefreiung ist in dem öffentlichen Register der Insolvenzbekanntmachungen nach sechs Monaten zu löschen, während sie bei den privaten Wirtschaftsauskunfteien jedoch viel länger, ggf. noch weitere drei Jahre gespeichert und bei Auskünften verarbeitet werden kann.

Es bestehen bereits Zweifel daran, ob eine "Parallelhaltung" dieser Daten neben den staatlichen Registern bei einer Vielzahl privater Firmen überhaupt zulässig ist. Dabei ist zu beachten, dass die SCHUFA Holding AG nur eine von mehreren Auskunfteien ist und damit die Daten vielfach in Deutschland auf diesem Wege vorgehalten werden. Eine solche "Datenhaltung" ist gesetzlich nicht geregelt und kann massiv in die wirtschaftliche Betätigung eines Betroffenen eingreifen.

Sollte diese Speicherung jedoch zulässig sein, so müssen jedenfalls dieselben Speicher- und Löschfristen gelten, wie in den öffentlichen Registern. Dies mit der Folge, dass Daten, die im öffentlichen Register zu löschen sind, auch bei allen privaten Wirtschaftsauskunfteien, die diese Daten zusätzlich gespeichert haben, zeitgleich gelöscht werden müssen.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.09.2021 16:04
Quelle: VG Wiesbaden PM Nr. 14 vom 28.9.2021

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