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OLG Hamburg v. 22.2.2023 - 5 U 28/22

HUGO BOSS gegen „THE REAL BOSS“ und „I AM THE BOSS“

Es handelt sich bei der Verfügungsmarke „BOSS“ um eine ernsthaft und markenmäßig vom HUGO BOSS-Konzern benutzte Marke. Das Verständnis als Marke in der Marke ist bei „BOSS“ in „THE REAL BOSS“ jedenfalls bei einer Deutung gegeben („Das wahre BOSS“). Eine absolute Zeichenunähnlichkeit ist hingegen nicht gegeben. Auch die Zeichen „BOSS“ und „I AM THE BOSS“ sind ähnlich und nicht absolut unähnlich.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin gehört zum HUGO BOSS-Konzern. Sie ist Inhaberin der Unionswortmarke „BOSS“ sowie weiterer Wortmarken, u.a. „thisistherealboss“ und „#ThisIsBoss“. Die Antragstellerin hat sich gegen die Verwendung der Zeichen „THE REAL BOSS“ und „I AM THE BOSS“ als Schriftzüge auf Bekleidungsstücken, die von der Antragsgegnerin angeboten und vertrieben worden waren, gewandt. Die Antragsgegnerin ist ein Textildiscounter, der Bekleidung herstellt und über den stationären Handel und den T.-Onlineshop vertreibt.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Verwendung der beiden Zeichen „THE REAL BOSS“ und „I AM THE BOSS“ verletze sie, die Antragstellerin, in ihren Markenrechten. Die Antragsgegnerin war der Ansicht, es liege keine markenmäßige Benutzung der angegriffenen Zeichen auf Bekleidungsstücken vor. Die humorvollen Sprüche würden vom Verkehr nicht als Marken verstanden, sie dienten als Dekoration und würden von ihr, nicht als Marke verwendet. Es bestehe jedenfalls keine Verwechslungsgefahr, da die gegenüberstehenden Zeichen unähnlich seien. Zudem seien die Voraussetzungen für eine Rufausbeutung oder Rufschädigung nicht erfüllt.

Das LG hat eine einstweilige Verfügung erlassen und diese nach Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigt. Auch die hiergegen gerichtete Berufung der Antragsgegnerin vor dem OLG blieb erfolglos.

Die Gründe:
Zu Recht hat das LG aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der bekannten Unionsmarke „BOSS“, Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV, als begründet angesehen und einen unionsweiten Unterlassungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin bejaht.

Die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der Nichtbenutzung gem. Art. 127 Abs. 3, 18 UMV blieb erfolglos. Eine Marke muss für die Annahme der Ernsthaftigkeit ihrer Benutzung in einer üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Art und Weise benutzt werden. Dem Senat, dessen Mitglieder zum von der Verfügungsmarke angesprochenen Verkehrskreis zählen, ist die Marke „BOSS“ auf Bekleidungsstücken in den zurückliegenden Jahren durchgängig auf dem Markt gegenübergetreten. Dieser Umstand ist vorliegend als allgemeinbekannt und deshalb offenkundig i.S.v. § 291 ZPO anzusehen. Es handelt sich bei der Verfügungsmarke „BOSS“ um eine ernsthaft und markenmäßig vom HUGO BOSS-Konzern benutzte Marke.

Ein gedankliches Inverbindungbringen der konkret angegriffenen Verletzungsformen mit der Verfügungsmarke „BOSS“ war vorliegend entgegen dem Vorbringen der Berufung ebenfalls zu bejahen. Die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen ist dabei nach den für Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV geltenden Grundsätzen zu beurteilen, d.h. sie kann sich gleichermaßen aus Übereinstimmungen im Klang, im (Schrift)Bild oder in der Bedeutung ergeben, wobei es auch hier auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken ankommt. Im Rahmen des Bekanntheitsschutzes ist aber, anders als bei Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV nicht erforderlich, dass eine Verwechslungsgefahr oder Herkunftstäuschung besteht. Es ist vielmehr ausreichend, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen der bekannten Marke und dem angegriffenen Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine gedankliche Verknüpfung zwischen den Zeichen bewirk.

Beim angegriffenen Gesamtzeichen: „THE REAL BOSS“ ist der Bestandteil „REAL BOSS“ etwas größer gehalten und wird vom Verkehr als „Das wahre BOSS“ oder „Der wahre Boss“ verstanden. Zwar besteht klanglich und schriftbildlich Übereinstimmung lediglich im Bestandteil „BOSS“. Jedoch kommt dem Bestandteil „BOSS“ in „THE REAL BOSS“ eine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn der betreffende Bestandteil wie eine Marke in der Marke erscheint, was nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Verkehr ein Zeichen als einheitliche Kennzeichnung auffasst. Ein solches Verständnis als Marke in der Marke ist bei „BOSS“ in „THE REAL BOSS“ jedenfalls bei einer Deutung gegeben („Das wahre BOSS“). Eine Zeichenähnlichkeit liegt daher zwischen „BOSS“ und „THE REAL BOSS“ vor. Eine absolute Zeichenunähnlichkeit, die die Antragsgegnerin geltend macht, ist hingegen nicht gegeben. Auch die Zeichen „BOSS“ und „I AM THE BOSS“ sind ähnlich und nicht absolut unähnlich.

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Aufsatz:
Das Einheitspatentsystem
Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.03.2023 11:33
Quelle: Landesrecht Hamburg

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