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BGH: Unwirksame Sicherungsabtretung im Zusammenhang mit dem „Diesel-Skandal“

Der BGH, Urt. v. 24.4.2023 – VIa ZR 1517/22, hat entschieden: Eine von einer Finanzierungsbank verwendete Klausel in einer Sicherungsabtretung von Ansprüchen des Darlehensnehmers gegenüber dem Verkäufer und Hersteller eines „Dieselfahrzeugs“ erfasst auch deliktische Ansprüche auf Schadensersatz und ist unwirksam.

Es ging hier um folgenden Sachverhalt: Der Kläger erwarb im März 2019 von der Beklagten einen Mercedes GLC 250. Nach Leistung einer Anzahlung ließ der Kläger den Restkaufpreis über eine Bank finanzieren. Wegen des „Diesel-Skandals“ trat er jedoch vom Kaufvertrag zurück und machte deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend, indem er u.a. auch Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten verlangte Zug um Zug gegen Übertragung des Anwartschaftsrechts auf Rückübereignung des Fahrzeugs. LG und auch OLG haben die Klage abgewiesen; die Revision wurde zugelassen. Sie hatte Erfolg und führte zur Rückverweisung.

Die dem Darlehensvertrag zugrunde liegenden AGB sahen vor, dass der Kläger der Bank zur Sicherheit sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte abtritt, und zwar „gleich aus welchem Rechtsgrund“. Die Unwirksamkeit dieser zu weit gefassten Klausel leitet der BGH daraus ab, dass damit „alle“ Ansprüche gemeint sind, die dem Kläger – ausgenommen sind die Gewährleistungsansprüche – zustehen. Das gilt dann aber – und dies auf abstrakter Ebene – auch für die Rückabwicklungsansprüche, welche im Fall eines Widerrufs – Stichwort: verbundenes Geschäft – zur Entstehung gelangen. Dabei tritt ja nach § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher (hier: dem Kläger und Darlehensnehmer) hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerspruchs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, sofern diesem das Darlehen bereits zugeflossen ist. Darin vollzieht sich ein gesetzlicher Schuldnerwechsel, einschließlich eines Übergangs des Anspruchs. Das führt dann im Blick auf die vom Kläger hier geleistete Anzahlung dazu, dass der Darlehensgeber aufgrund eines wirksam erklärten Widerrufs verpflichtet ist, eine aus den Mitteln des Käufers/Klägers geleistete Anzahlung an den Darlehensnehmer zu erstatten.

Von diesen zwingenden gesetzlichen, zugunsten des Klägers eingreifenden Vorgaben weicht die – alle Ansprüche erfassende – Abtretungsklausel jedoch entscheidend ab und ist daher nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Indessen betont der BGH, dass die Klausel insgesamt unwirksam ist, so dass auch die deliktischen Ansprüche nicht wirksam an die Bank zediert sind. Wäre es anders, wäre dies nämlich als unzulässige geltungserhaltende Reduktion anzusehen. Ohne Belang war – das ist die Folge der generell-abstrakten Inhaltskontrolle nach § 307 BGB –, dass hier der Käufer/Kläger gar keinen Widerruf erklärt hatte, sondern Rückgewähr des Fahrzeugs aus Delikt (§ 826 BGB) geltend machte.

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.04.2023 11:02
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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