Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

BVerwG v. 16.5.2023 - 3 CN 6.22

Rechtmäßigkeit der Schließung von Einrichtungen des Freizeitsports durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung

Die durch eine Ausnahme abgemilderte Schließung von Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 30. Oktober 2020 hatte im Infektionsschutzgesetz eine verfassungsgemäße Grundlage und war verhältnismäßig. Die Schließung von Fitnessstudios ohne diese Ausnahme war jedoch unvereinbar mit dem Gleichheitssatz. Die Schließung von Gastronomiebetrieben und das Verbot von Übernachtungsangeboten für touristische Zwecke waren nicht zu beanstanden.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin betreibt ein Sport- und Freizeitcenter, zu dem u. a. ein Restaurant, ein Hotel, ein Fitness- und ein Ballsportbereich gehören. Ihr Normenkontrollantrag, mit dem sie die Feststellung begehrt hat, dass § 4 Abs. 1 Nr. 4, 6, 16 und 18 SächsCoronaSchVO (siehe Anhang) unwirksam waren, blieb vor dem Sächsischen OVG ohne Erfolg. Das BVerwG hat die Entscheidung des OVG geändert und die Schließung von Fitnessstudios in Nr. 4 der Vorschrift für unwirksam erklärt. Im Übrigen hatte die Revision der Antragstellerin keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die infektionsschutzrechtliche Generalklausel war bei Erlass der Verordnung und auch während ihrer zweiwöchigen Geltungsdauer eine verfassungsgemäße Grundlage für die angegriffenen Maßnahmen. Die Verbote waren ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des OVG zur pandemischen Lage, insbesondere zu deren dynamischer Entwicklung im Oktober/November 2020, verhältnismäßig und damit notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Das hat das OVG ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen.

Dass Individualsport allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand in Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs, nicht aber in Fitnessstudios zulässig blieb, war jedoch unvereinbar mit dem Gleichheitssatz. Einen tragfähigen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte, hat das OVG nicht festgestellt; er ist auch weder vom Antragsgegner vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Mehr zum Thema:

Beratermodul Zeitschriften Wirtschaftsrecht:
Jetzt neu: Führende Zeitschriften zum Wirtschaftsrecht, Aktienrecht, Gesellschaftsrecht und Versicherungsrecht stehen hier zur Online-Recherche bereit. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO bei ausgewählten Zeitschriften (GmbHR, ZIP). Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!



+++ Anhang: +++

Auszug aus der SächsCoronaSchVO vom 30. Oktober 2020

§ 4 Schließung von Einrichtungen und Angeboten

(1) Verboten sind die Öffnung und das Betreiben mit Ausnahme zulässiger Onlineangebote von:

4. Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen, soweit sie nicht medizinisch notwendiger Behandlungen dienen,

6. Anlagen und Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand und des Schulsports. Dies gilt nicht für das für Individualsportarten organisierte Training sowie deren Sportwettkämpfe ohne Publikum sowie für Sportlerinnen und Sportler,

a) für die ein Arbeitsvertrag besteht, der sie zu einer sportlichen Leistung gegen ein Entgelt verpflichtet und dieses überwiegend zur Sicherung des Lebensunterhalts dient, oder

b) die dem Bundeskader (Olympiakader, Perspektivkader, Nachwuchskader 1) und Nachwuchskader 2 des Deutschen Olympischen Sportbundes oder dem Spitzenkader des Deutschen Behindertensportverbandes angehören oder die Kader in einem Nachwuchsleistungszentrum im Freistaat Sachsen;

16. Busreisen und Übernachtungsangeboten für touristische Zwecke sowie Schulfahrten,

18. Gastronomiebetrieben sowie Bars, Kneipen und ähnlichen Einrichtungen. Ausgenommen ist die Lieferung und Abholung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken sowie der Betrieb von Kantinen und Mensen,

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.05.2023 16:38
Quelle: BVerwG PM Nr. 38 vom 16.5.2023

zurück zur vorherigen Seite