RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0723-9416
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZIP
2017
Aktuell103
BGH zur Wohnraumkündigung wegen Berufs- oder Geschäftsbedarfs
Berufs- oder Geschäftsbedarf kann nicht als ungeschriebene weitere Kategorie eines typischerweise anzuerkennenden Vermieterinteresses an der Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses behandelt werden. Die Gerichte haben vielmehr im Einzelfall festzustellen, ob ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht. Das hat der BGH mit Urteil vom 29. 3. 2017 (VIII ZR 45/16) entschieden.
Der Gesetzgeber habe nur mit den typisierten Regeltatbeständen des § 573 Abs. 2 BGB für die praktisch bedeutsamsten Fallgruppen selbst geregelt, unter welchen Umständen der Erlangungswunsch des Vermieters Vorrang vor dem Bestandsinteresse des Mieters hat. Wenn der Vermieter die Wohnung nicht zu Wohnzwecken benötigt, sondern sie einer gewerblichen Nutzung zuführen will, sei der Kündigungstatbestand des Eigenbedarfs nicht erfüllt. Ebenso wenig stelle die Eigennutzung der vermieteten Wohnräume zu (frei-)beruflichen oder gewerblichen Zwecken eine wirtschaftliche Verwertung i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar.
ZIP 2017, A 28
Zur Abgrenzung der Nr. 2 und 3 des § 573 Abs. 2 BGB hat der BGH folgende Leitlinien gebildet: Der Entschluss des Vermieters, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern zugleich überwiegend für eine geschäftliche Tätigkeit zu nutzen (Mischnutzung), weise eine größere Nähe zum Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf. Hier reiche es regelmäßig aus, dass dem Vermieter bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter Nachteil entstünde. Fälle, in denen der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen möchte, wiesen eine größere Nähe zur Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB auf.