ZIP 2019, 1238
Leitsätze der Redaktion:
1. Das Finanzamt darf die während des vorläufigen Insolvenzverfahrens unter Eigenverwaltung entstandene Umsatzsteuer nicht als Masseverbindlichkeit gegenüber dem späteren Insolvenzverwalter festsetzen.
2. Es ist nicht davon auszugehen, dass im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründet werden können, da ansonsten die Insolvenzmasse zu Lasten aller Gläubiger aufgezehrt werden würde.
3. Es handelt sich bei der Umsatzsteuerforderung auch nicht um eine von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründete Verbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 2 bzw. 4 InsO, weil bei der vorläufigen Eigenverwaltung gerade kein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Diese Vorschriften sind auch nicht analog anzuwenden, weil einem vorläufigen Sachwalter – im Gegensatz zum vorläufigen Insolvenzverwalter – keine insolvenzspezifischen Befugnisse zugewiesen sind und der Gesetzgeber diese unterschiedliche Rechtsstellung bewusst eingeführt hat.
4. Aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz folgt kein Gebot, den vorläufigen Sachwalter mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter gleichzustellen. Auch das Unionsrecht gebietet keine derartige Gleichstellung.
5. Da die vorläufige Eigenverwaltung von einer Entscheidung des Insolvenzgerichts abhängt, handelt es sich nicht um eine für eine europarechtswidrige Beihilfe erforderliche selektive Vorteilsgewährung. Ein Wettbewerbsvorteil ergibt sich ebenfalls nicht, weil die Umsatzsteuer unabhängig davon einen durchlaufenden Posten darstellt, ob sie als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung qualifiziert wird.
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