ZIP 2008, 1232
Leitsätze des Gerichts:
1. Die als besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung in § 826 BGB einzuordnende Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters setzt einen kompensationslosen „Eingriff“ in das im Gläubigerinteresse zweckgebundene Gesellschaftsvermögen der GmbH voraus (BGHZ 173, 246 = ZIP 2007, 1552 – Trihotel). Dem steht ein Unterlassen hinreichender Kapitalausstattung im Sinne einer „Unterkapitalisierung“ der GmbH (hier: einer Gesellschaft für Personalentwicklung und Qualifizierung – sog. BQG) nicht gleich.
2. Für die Statuierung einer allgemeinen gesellschaftsrechtlichen – verschuldensabhängigen oder gar verschuldensunabhängigen – Haftung des Gesellschafters wegen materieller Unterkapitalisierung im Wege höchstrichterlicher Rechtsfortbildung ist bereits mangels einer im derzeitigen gesetzlichen System des GmbHG bestehenden Gesetzeslücke kein Raum. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen unter diesem Aspekt eine persönliche Haftung des Gesellschafters nach § 826 BGB in Betracht kommt, bleibt offen.
3. Verschweigt der Gesellschafter-Geschäftsführer einer BQG im Einvernehmen mit seinen Mitgesellschaftern bei Abschluss der dreiseitigen Verträge den von dem sanierungsbedürftigen Unternehmen übernommenen Arbeitnehmern, dass die von der abgebenden Gesellschaft zur Aufstockung ihres Verdienstes geschuldeten sog. Remanenzkosten nicht – wie branchenüblich – gegen deren Insolvenz abgesichert sind, so haften sie den einzelnen Arbeitnehmern jeweils wegen gemeinschaftlicher sittenwidriger Schädigung gem. §§ 826, 830 BGB persönlich auf Schadensersatz in Form des negativen Interesses. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der BQG ist der Insolvenzverwalter nicht zur Geltendmachung solcher den Arbeitnehmern individuell zustehenden Deliktsansprüche zu Gunsten der Masse befugt.
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