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DAV-Stellungnahme zum RL-Entwurf der EU-Kommission zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts

Mit Stellungnahme vom 2.3.3023 hat sich der DAV zum Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts vom 7.12.2022 (COM(2022) 702 final) geäußert. Er hat darin insbesondere die Titel IV („Pre-Pack-Verfahren“), Titel V (Pflicht der Unternehmensleitung zur Antragstellung sowie zivilrechtliche Haftung, S. 28), Titel VI (Liquidation zahlungsunfähiger Kleinstunternehmen, S. 29) und Titel VII (Gläubigerausschuss, S. 42) in den Blick genommen.

Der DAV unterstützt im Ausgangpunkt ausdrücklich die Zielsetzung des Vorschlags, die Unterschiede zwischen den nationalen Insolvenzvorschriften zu verringern und damit das Problem der geringeren Effizienz der Insolvenzvorschriften einiger Mitgliedstaaten anzugehen, die Berechenbarkeit von Insolvenzverfahren im Allgemeinen zu erhöhen und Hindernisse für den freien Kapitalverkehr abzubauen.

Vor dem Hintergrund, dass mit dem Vorschlag keine volle Harmonisierung der Insolvenzrechte angestrebt wird, ist bei der Ausgestaltung im Einzelnen allerdings zu berücksichtigen, dass Mitgliedstaaten, die in den im Richtlinienvorschlag angesprochenen Teilbereichen bereits effektive Verfahrenslösungen umsetzen, nicht zu einer Anpassung ihrer Rechtsordnung gezwungen werden dürfen, die insbesondere aus Gläubigerperspektive die ordnungsgemäße Verfahrensdurchführung und die Befriedigungsaussichten negativ beeinflussen. Der DAV spricht sich daher an verschiedenen Stellen für die Schaffung entsprechender Öffnungsklauseln für die Mitgliedstaaten aus. So sollte etwa das Pre-pack-Verfahren als ein in sich geschlossenes Modellverfahren die bereits im nationalen Recht bestehenden und in der Praxis bewährten Insolvenzregelungen ergänzen, aber nicht ersetzen.

Als weiterer Befund stehen nach Einschätzung des DAV teilweise die vorgeschlagenen Regelungen im Einzelnen hinsichtlich ihrer zu erwartenden praktischen Wirkungen nicht im Einklang mit den übergeordneten Zielsetzungen des Richtlinienvorschlags. So wird etwa das erklärte Ziel „Effizienzsteigerung zur Reduzierung von Risikoaufschlägen der Kreditgeber“ durch das vereinfachte Liquidationsverfahren in der vorgeschlagenen Form nicht erreicht, wenn keine ausreichenden Kontrollinstanzen und Mechanismen vorgesehen werden.

Schließlich erscheinen teilweise die Regelungsansätze in den verschiedenen Titeln des Richtlinienvorschlags nicht konsistent, etwa wenn einerseits dem Insolvenzverwalter ergänzende Befugnisse zum Aufspüren von zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögenswerten gewährt werden sollen, andererseits aber in den zahlenmäßig weit überwiegenden Fällen auf Grundlage der Regelungen zum vereinfachten Liquidationsverfahren gar keine Verwalter mehr bestellt werden sollen.

Der DAV geht davon aus, dass es vor diesem Hintergrund noch diverser Anpassungen an dem Richtlinienvorschlag bedarf, um die unterstützenswerten Zielsetzungen zu erreichen und zugleich tatsächlich genügend Spielraum für die Anpassung an lokale Gegebenheiten und die Bewahrung der Kohärenz der Insolvenzverfahrensvorschriften mit der umfassenderen nationalen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten zu lassen.

Die Stellungnahme ist abrufbar unter www.anwaltverein.de.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.03.2023 12:06
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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