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Aktuelle Nachrichten


EuGH v. 14.3.2024 - C-46/23
Die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats kann selbst dann die Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten anordnen, wenn die betroffene Person zuvor keinen entsprechenden Antrag gestellt hat. Eine solche Löschung kann sich sowohl auf bei der betroffenen Person erhobene als auch auf aus einer anderen Quelle stammende Daten beziehen.

Der Rat und das Europäische Parlament haben eine vorläufige Einigung zu der Änderungsrichtlinie zur Ausweitung und Optimierung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht erzielt. Mit den Vorschriften sollen Gesellschaftsdaten leichter verfügbar sein, das Vertrauen und die Transparenz in Gesellschaften in allen Mitgliedstaaten erhöht und stärker vernetzte öffentliche Verwaltungen geschaffen werden. Zudem soll der Verwaltungsaufwand für Gesellschaften und andere Interessenträger in grenzüberschreitenden Situationen verringert werden.

Die Mehrheit der EU-Staaten hat für ein gemeinsames europäisches Lieferkettengesetz gestimmt. Die deutsche Bundesregierung hatte dagegen gestimmt, jedoch unterstützt eine ausreichende Mehrheit in der EU das Gesetz zum Schutz der Menschenrechte. Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss das Europäische Parlament der Vorlage noch zustimmen. Diese Zustimmung gilt aber als sehr wahrscheinlich.

LG Hamburg v. 15.2.2024 - 310 O 221/23
Es entspricht der verkehrsüblichen Sorgfaltspflicht bei Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken, dass man die Berechtigung zur Nutzung eines Werks prüft und sich darüber Gewissheit verschafft. Für die unterlassene Urheberbenennung rechtfertigt sich schließlich ein 100 %iger Zuschlag auf das üblicherweise zu zahlende Honorar.

Der IASB hat den Entwurf für Änderungen an IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse und IAS 36 Wertminderung von Vermögenswerten veröffentlicht. Darüber berichtet das DRSC.

Die Bundesregierung hat am 13.3.2024 den vom BMJ vorgelegten Gesetzesentwurf zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) beschlossen. Mit der Reform des KapMuG sollen Anleger im Schadensfall künftig schneller zu ihrem Recht kommen und die Verfahren für die Gerichte leichter handhabbar werden.

BGH v. 6.2.2024 - II ZB 23/22
Gem. § 2 Abs. 1 PartGG i.d.F. v. 10.8.2021, in Kraft getreten am 1.1.2024, muss der Name der Partnerschaft nur noch den Zusatz "und Partner" oder "Partnerschaft" enthalten. Die Aufnahme des Namens mindestens eines Partners ist nicht mehr erforderlich. Bei der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist das zum Zeitpunkt der Rechtsbeschwerdeentscheidung geltende Recht anzuwenden. Das gilt auch, wenn das Gericht der Vorinstanz dieses Recht noch nicht berücksichtigen konnte.

Der BGH hat mit Urteil vom 6.3.2024 – VIII ZR 363/21 über die Frage entschieden, ob ein Hotelgast die Rückzahlung des von ihm vorausgezahlten Beherbergungsentgelts verlangen kann, wenn nach der Buchung ein behördliches Verbot der Beherbergung zu touristischen Zwecken zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassen wird, das den gebuchten Zeitraum umfasst.

Während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind nicht deshalb nichtig, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten. Das hat der BGH, Urt. v. 8.3.2024 – V ZR 80/23, entschieden. Die Frage, ob sich allein daraus ein Beschlussanfechtungsgrund ergibt, ist offengeblieben.

Das BMJ hat am 6.3.2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte veröffentlicht. Die Streitwertgrenze soll künftig auf 8.000 € steigen.

Mit der Abtretung des Freistellungsanspruchs eines GmbH-Geschäftsführers aus der D&O-Versicherung wegen einer Pflichtverletzung gem. § 43 Abs. 2 GmbHG ist auch ein sog. pactum de non petendo geschlossen worden, der die Gesellschaft verpflichtet, so lange nicht gegen den Geschäftsführer vorzugehen, wie die Möglichkeit besteht, von dem Versicherer in dem infolge der Abtretung einheitlichen Haftungs- und Deckungsprozess Ersatz des Schadens zu erhalten. Das hat das OLG Schleswig, Urt. v. 26.2.2024 – 16 U 93/23, entschieden.

Das FG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 7 K 217/21, hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob einer in Liechtenstein ansässigen Familienstiftung das für inländische Familienstiftungen geltende sog. Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 ErbStG, wonach sich der Steuersatz nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen den von der Stiftung begünstigten Personen und der stiftenden Person richtet, im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer vorenthalten werden darf. Das FG bezweifelt, dass eine Ungleichbehandlung der Liechtensteiner Stiftung europarechtlich gerechtfertigt ist. Das Vorlageverfahren hat beim EuGH das Az. C-142/24.

Für die Inanspruchnahme des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs kommt es allein darauf an, dass die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Das hat der BFH, Urt. v. 30.11.2023 – III R 55/20, entschieden.

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 Am Mittwoch gab das Parlament grünes Licht für das Gesetz über künstliche Intelligenz. Es soll für Sicherheit und die Achtung der Grundrechte sorgen und Innovationen fördern. Die neuen Regeln zielen darauf ab, Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie ökologische Nachhaltigkeit vor Hochrisiko-KI-Systemen zu schützen. Gleichzeitig sollen sie Innovationen ankurbeln und dafür sorgen, dass die EU in diesem Bereich eine Führungsrolle einnimmt. Die Verordnung legt bestimmte Verpflichtungen für KI-Systeme fest, abhängig von den jeweiligen möglichen Risiken und Auswirkungen.

LAG Frankfurt a.M. v. 12.3.2024 - 10 GLa 229/24
Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vom 11. bis 13. März 2024 im Personen- und im Güterverkehr ist nicht rechtswidrig. Dies hat das Hessische LAG nach der heutigen Berufungsverhandlung entschieden und die Berufung des Arbeitgeberverbandes der Deutsche Bahn-Unternehmen (AGV MOVE) gegen das Urteil des ArbG Frankfurt a.M. vom Vorabend zurückgewiesen. Der Eilantrag der Arbeitgeberseite auf Untersagung des Streiks bleibt damit auch in zweiter Instanz ohne Erfolg.

LAG München v. 10.8.2023 - 8 TaBVGa 6/23
Das LAG München hat auf Antrag des Betriebsrats in einem Eilverfahren entschieden, dass Anordnungen der Arbeitgeberin zum mobilen Arbeiten (hier Anordnung von Präsenztagen), die nicht nur eine bestehende Betriebsvereinbarung ausgestalten, sondern eine abweichende Regelung treffen, zu unterlassen sind, solange das Mitbestimmungsverfahren nicht durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung, durch Einigungsstellenspruch abgeschlossen oder eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergangen ist. Außerdem müssen bereits getroffene Anordnungen zurückgenommen werden.

BayObLG v. 28.2.2024 - 101 MK 1/20
Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat der Musterfeststellungsklage eines Verbraucherschutzverbands gegen die Sparkasse Nürnberg teilweise stattgegeben. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Anpassung variabler Vertragszinsen in Prämiensparverträgen mit unwirksamer Zinsklausel und die Kündbarkeit von Prämiensparverträgen.

Aktuell in der ZIP
Die Verbraucherkreditrichtlinie 2023 will einen rechtlichen Rahmen für Verbraucherkredite bieten, der im Vergleich zum bisherigen europäischen Verbraucherkreditrecht nochmals transparenter und effizienter ist. Dabei spielen die Vorschriften, nach denen Verbraucher bestimmte Informationen etc. erhalten müssen, eine zentrale Rolle. Die diesbezüglich in der Verbraucherkreditrichtlinie 2023 an vielen Stellen verwendete Formulierung, diese seien „auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger nach Wahl des Verbrauchers“ zu erteilen, gibt Anlass zur Untersuchung, welche Rechte Verbraucher und welche Rechte Kreditgeber haben, wenn es um die Wahl des dafür zu verwendenden Mediums (Papier, E‑Mails, digitale Briefkästen, File-Upload-Requests, USB-Sticks, portable Festplatten, SD-Cards, CD-ROMs/DVDs etc.) geht. Dabei wird sich zeigen, dass die Kreditwirtschaft sich auf schwindende Einflussmöglichkeiten und auf teilweise kostentreibende Neuerungen im Bereich des Verbraucherkreditgeschäfts einstellen muss.

LAG Niedersachsen v. 28.2.2024 - 13 TaBV 40/23
Das LAG Niedersachsen hat die Beschwerden des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden der Niederlassung Winsen an der Luhe von Amazon gegen eine Entscheidung des ArbG zurückgewiesen. Das ArbG hatte die Zustimmung zur Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden auf Antrag der Arbeitgeberin ersetzt. Das LAG bestätigte diesen Richterspruch.

OLG Hamm v. 18.1.2024 - 4 U 136/23
Die noch in Rede stehenden Waren (künstliches Tannengrün, Christbaumschmuck und Deko-Zimtstangen) erfüllten die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW unproblematisch, da sie als kleinteilige Accessoires für die von ihr in der Hauptsache angebotenen Blumen und Pflanzen üblicherweise nur in kleinen Mengen abgegeben werden. Allerdings ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Der Umstand, dass es in der Sache letztlich um die Auslegung von Landesrecht geht, steht dem nicht entgegen.

OLG Zweibrücken v. 26.10.2023 - 4 W 23/23
Das Pfälzische OLG bestätigte, dass in einer Tageszeitung anlässlich einer damals anstehenden Neuwahl des Ortsvorstehers zulässig über die erstinstanzliche strafrechtliche Verurteilung eines lokalen Bauunternehmers berichtet worden sei, der mit zwei der Kandidaten verwandt ist.

OLG Frankfurt a.M. v. 22.2.2024 - 16 U 168/22
Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles erschien es hier jedoch nicht sachgerecht, an dem Merkmal des „wirtschaftlichen Zugutekommens“ festzuhalten, um die Handlungspflichten des Unterlassungsschuldners nicht über die Maße auszudehnen und hierdurch in der Folge die Meinungs- und Pressefreiheit nicht unangemessen einzuschränken.

AG Karlsruhe v. 4.1.2024 - 6 C 184/23
Das AG Karlsruhe hat eine Vertragsklausel über eine „Blockiergebühr“ an einer E-Lade-Säule für rechtmäßig erachtet. Die Gebühr fällt an, wenn der Betroffene sein Fahrzeug länger als vier Stunden an der Station stehen lässt. Darin sah das Gericht keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB.

OLG Schleswig-Holstein v. 6.3.2024 - 9 U 11/23
Der Gesamtnachfolger erwirbt sämtliche Rechtspositionen so, wie sie in der Hand des übertragenden Rechtsträgers bestanden. Der übernehmende Rechtsträger erlangt aus der Universalsukzession keine andere, insbesondere keine bessere Rechtsposition, als sie der übertragende Rechtsträger innehatte. Ist ein Rechtsverhältnis etwa anfechtbar, gekündigt oder unwirksam, ist es dies gleichermaßen nach Übergang auf den übernehmenden Rechtsträger.

EuGH v. 7.3.2024 - C-604/22
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BGH v. 6.2.2024 - VI ZR 15/23
Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung. Der Begriff "Kopie" in Art. 15 Abs. 3 DSGVO bezieht sich nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält.

Apple, Alphabet, Meta, Amazon, Microsoft und ByteDance müssen ab dem 7. März 2024 alle Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Märkte (Digital Markes Act, DMA) vollständig einhalten. Die sechs Unternehmen wurden im September 2023 als Torwächter (Gatekeeper) von der EU-Kommission benannt. Sie hatten sechs Monate Zeit dafür, die neuen Regeln umzusetzen.

VG Düsseldorf v. 8.3.2024 - 26 K 2364/23
Die Stadt Düsseldorf ist verpflichtet, fünf Apothekern eine Erlaubnis für den gemeinsamen Betrieb von zwei Apotheken in Düsseldorf und zwei Apotheken in Aachen zu erteilen. Das hat das VG Düsseldorf entschieden.

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland ist im vergangenen Jahr (Stichtag 30.6.2023) um 264.000 auf das Rekordhoch von 34,7 Millionen gestiegen. Zu diesem Anstieg trugen auch die Frauen bei: Deren sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist 2023 um 118.000 auf insgesamt 16,1 Millionen gewachsen.

BGH v. 9.1.2024 - II ZB 20/22
Ein Aufsichtsrat, der wegen eines dauerhaft boykottierenden Aufsichtsratsmitglieds beschlussunfähig ist, kann nicht entsprechend § 104 Abs. 1 Satz 1 AktG ergänzt werden. Auch im Fall eines dauerhaften obstruktiven Verhaltens des Aufsichtsratsmitglieds liegt keine Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats vor, die eine entsprechende Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 1 AktG erfordert. Vielmehr ist jeder Form von Obstruktion mit den üblichen Rechtsbehelfen gegen unbotmäßiges Verhalten von Organmitgliedern zu begegnen.

In ZIP 10/24 finden Sie im Print zum letzten Mal die EWiR als eigenständiges Heft. Ab der nächsten Ausgabe ist die EWiR in die ZIP integriert. Inhaltlich ändert sich nichts, das bewährte und geschätzte Konzept bleibt.

BFH, Urt. v. 14.12.2023 – VI R 1/21
Der Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung ist kein lohnsteuerbarer Vorteil, auch wenn der Arbeitnehmer die Beteiligung an seinem Arbeitgeber zuvor verbilligt erworben hat. Das hat der BFH, Urt. v. 14.12.2023 – VI R 1/21, entschieden.

BGH, Urt. v. 9.1.2024 – II ZR 220/22
Die Berufung auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache ist dem Dritten gem. § 15 Abs. 1 HGB nur dann verwehrt, wenn er positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache hat; ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügen demgegenüber nicht. Das hat der BGH, Urt. v. 9.1.2024 – II ZR 220/22 (Vorinstanz: KG, Urt. v. 8.9.2022 – 2 U 115/21, EWiR 2023, 394 [Pätzold/Oberstadt]), entschieden.

BGH, Urt. v. 8.2.2024 – IX ZR 107/22
Die Sachhaftung an einfuhrabgabenpflichtiger Ware ist im Grundsatz eine kongruente Sicherung. Das hat der BGH, Urt. v. 8.2.2024 – IX ZR 107/22, entschieden.

BGH, Beschl. v. 20.2.2024 – KVB 69/23
Das BKartA darf in dem Kartellverwaltungsverfahren betreffend Googles Praktiken im Zusammenhang mit den Google Automotive Services (GAS) bestimmte vertrauliche Informationen, die Google als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ansieht, gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten offenlegen. Das hat der BGH, Beschl. v. 20.2.2024 – KVB 69/23, entschieden und der Beschwerde von Google hinsichtlich eines einzelnen aus internen Unterlagen stammenden wörtlichen Zitats stattgegeben; im Übrigen hat der BGH die Beschwerde zurückgewiesen. Die Zurückweisung betrifft insbesondere neben Bewertungen der Strategie Googles durch das BKartA auch die wörtliche Wiedergabe einzelner Klauseln aus Verträgen Googles mit Fahrzeugherstellern.

EuG v. 6.3.2024 - T-647/22
Die frühere Offenbarung eines Schuhmodells von Puma durch die Künstlerin Rihanna hat die Nichtigerklärung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters zur Folge. Eine entsprechende Entscheidung des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ist insoweit nicht zu beanstanden.

OLG Köln v. 19.1.2024 - 6 U 80/23
Die Gestaltung der Cookie-Banner mit dem verlinkten Button „Akzeptieren & Schließen X“ in der rechten oberen Ecke verstößt gegen die Grundsätze von Transparenz und Freiwilligkeit der Einwilligung und führt zu deren Unwirksamkeit.  Das „X“-Symbol ist Nutzern bekannt als Möglichkeit, um ein Fenster zu schließen, nicht aber, um in die Verwendung von Cookies und anderen Technologien durch den Websitebetreiber einzuwilligen.

Aktuell in der ZIP
Das MoPeG knüpft die Sonderverjährung der Haftungsansprüche gegen die Gesellschafter bei der Beendigung einer GbR (§ 739 BGB) und einer oHG (§ 151 HGB) nicht mehr an die Auflösung, sondern an das Erlöschen der Gesellschaft. Der Beitrag zeigt auf, dass der Anwendungsbereich der Regelungen dadurch wesentlich eingeschränkt worden ist. Das gilt auch im Fall der Insolvenz, in dem das bisherige Recht einhellig als sachgerecht angesehen wurde.

VG Köln v. 1.3.2024 - 21 L 2013/22
Die Deutsche Telekom GmbH ist vorläufig verpflichtet, ihren Wettbewerbern Zugang zu ihren gesamten Kabelkanalanlagen, Masten und Trägersystemen zu eröffnen. Das hat das VG Köln mit Eilbeschluss vom 1.3.2024 entschieden.

LG Berlin v. 17.2.2024 - 67 T 108/23
Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verlängerung der Räumungsfrist nach § 721 Abs. 3 ZPO trägt der Mieter. Der pauschale tatrichterliche Verweis auf eine angeblich gerichtsbekannte Lage am Wohnungsmarkt reicht zur verfahrensfehlerfreien Begründung einer Verlängerung der Räumungsfrist nicht aus. Die bloße Einreichung von Bewerbungsunterlagen erbringt ohne Weiteres keinen hinreichenden Beweis dafür, dass sich der Mieter tatsächlich um Ersatzwohnraum bemüht hat.

LG Frankenthal v. 20.2.2024 - 8 O 259/22
Das LG Frankenthal (Pfalz) hat die vor allem auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage einer Frau aus Rheinland-Pfalz wegen vermeintlicher Impfschäden gegen die Herstellerin des Corona-Impfstoffs „Comirnaty“ abgewiesen.

BGH v. 8.2.2024 - IX ZR 107/22
Die Sachhaftung an einfuhrabgabenpflichtiger Ware ist im Grundsatz eine kongruente Sicherung. Der Rückschluss von einer medialen Berichterstattung auf die Kenntnis von einem bestimmten Gegenstand der Berichterstattung ist nur tragfähig, wenn die Berichterstattung derart umfassend und hervorgehoben erfolgt ist, dass sie dem Kenntnisträger nicht verborgen geblieben sein kann. Eine Verletzung der Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit im Blick auf ein erkanntermaßen krisenbehaftetes Unternehmen führt nicht zur Annahme einer tatsächlich nicht vorhandenen Kenntnis.

Die Europäische Kommission hat gegen Apple wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung auf dem Markt für den über seinen App Store laufenden Vertrieb von Musikstreaming-Apps an iPhone- und iPad-Nutzer („iOS-Nutzer“) eine Geldbuße iHv über 1,8 Mrd. € verhängt. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Apple App-Entwickler Beschränkungen auferlegte, die sie daran hinderten, iOS-Nutzer über alternative und billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App zur Verfügung stehen. Das verstößt gegen das EU-Kartellrecht.

LG Koblenz v. 18.1.2024 - 1 O 258/22
Das LG Koblenz hat Schadensersatz- und Auskunftsansprüche einer Klägerin gegen die Herstellerin des Impfstoffs Comirnaty abgelehnt. Die Klägerin habe die nach einer Impfung behaupteten Gesundheitsschäden nicht hinreichend substantiiert. Insbesondere legte die Klägerin nach Ansicht des Gerichts ihren Gesundheitszustand vor der Impfung und eine Kausalität der Impfung hinsichtlich der vorgetragenen Gesundheitsschäden nicht ausreichend dar.

LAG Berlin-Brandenburg v. 1.2.2024 - 26 Ta (Kost) 6095/23
Der Auskunftsantrag nach Art. 15 DSGVO ist mit 500 € zu bewerten, wenn es um das reine Informationsinteresse geht. Das gilt auch für den Antrag auf Erteilung einer Auskunft bezüglich der durch den Arbeitgeber erfassten Arbeitszeit (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG). Auch insoweit geht es um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch.

OLG Frankfurt a.M. v. 9.2.2024 - 21 W 129/22
Im Fall hinreichender Marktliquidität kann der Börsenkurs der zu bewertenden Gesellschaft im Einzelfall auch dann zur Bestimmung des inneren Wertes des Gesellschaftsanteils herangezogen werden, sofern ein knappes Jahr vor dem Bewertungsstichtag ein öffentliches Übernahmeangebot abgegeben worden ist und eine überschlägige Ertragswertberechnung keinen höheren inneren Wert nahelegt.

BGH v. 9.1.2024 - II ZR 220/22
Die Berufung auf die fehlende Eintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache ist dem Dritten gem. § 15 Abs. 1 HGB nur dann verwehrt, wenn er positive Kenntnis von der einzutragenden Tatsache hat; ein Kennenmüssen oder eine grob fahrlässige Unkenntnis genügen demgegenüber nicht. Die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht gelten auch im Anwendungsbereich des Rechtsscheintatbestands des § 15 Abs. 1 HGB.

Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Inken Gallner hat im Rahmen des Jahrespressegesprächs beim Bundesarbeitsgericht den Jahresbericht 2023 vorgestellt. Wie in den Vorjahren hob Frau Gallner hervor, dass das deutsche Arbeitsrecht in weiten Teilen durch das europäische Arbeitsrecht überformt ist. Die Präsidentin machte darauf aufmerksam, dass sich die unionsrechtliche Durchdringung des Arbeitsrechts in der langjährigen Veranstaltungsreihe „Europarechtliches Symposion“ abbildet.

OLG Frankfurt a.M. v. 29.2.2024 - 11 U 83/22
Der Designer der Darstellung der europäischen Landmasse auf den Euro-Banknoten, die auf einer lizenzierten Foto-Kollage aus zahlreichen Satellitenbildern fußt, hat gegenüber der EZB keinen Anspruch auf Nachvergütung. Die vom Designer begehrte Beteiligung an den der EZB jährlich zugewiesenen so genannten Seigniorage-Einkünften scheidet bereits deshalb aus, da diese Einkünfte nicht "aus der Nutzung des Werks", sondern unabhängig von der optischen Gestaltung der Banknoten entstehen.

BGH v. 21.12.2023 - I ZR 24/23
Der Abschnitt A Nr. 1 der Anlage zu § 12 HWG verweist dynamisch auf die nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen. Ein unlauteres Verhalten wird nicht dadurch zulässig, dass es in der Branche üblich ist.

EuGH v. 29.2.2024 - C 606/21
Der EuGH hat sich vorliegend mit dem Verkauf von rezeptfreien Arzneimitteln im Fernabsatz befasst und dabei die Voraussetzungen erläutert, unter denen ein Mitgliedstaat einen Dienst, der in der Zusammenführung von Apothekern und Kunden für den Online-Verkauf von Arzneimitteln besteht, verbieten kann.

BGH v. 27.2.2024 - II ZR 71/23
Der BGH hat die Revision der Hannover 96 Management GmbH gegen die Entscheidung des OLG Celle vom 4.4.2023 (9 U 102/22) zugelassen. Der Rechtsstreit um die Wirksamkeit der Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH wird damit fortgesetzt.

BGH v. 23.1.2024 - X ZR 161/23
Die während der möglichen Restlaufzeit eines Formulierungspatents zu erwartenden Umsätze der Patentinhaberin mit einem bestimmten Arzneimittel bilden keine geeignete Grundlage für die Festsetzung des Streitwerts eines Patentnichtigkeitsverfahrens, wenn dieses Arzneimittel von der Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch macht. Der Streitwert eines Verletzungsrechtsstreits bildet grundsätzlich auch dann einen maßgeblichen Anhaltspunkt für den Wert des mit einer Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents, wenn die Anträge im Verletzungsverfahren zurückgenommen worden sind.

LG Frankenthal v. 17.1.2024 - 3 O 230/23
Steigt der Wert eines Oldtimers nach Abschluss der Versicherung an, so ist der Betrag der Wertsteigerung womöglich vom Versicherungsschutz ganz oder teilweise nicht erfasst. Der Eigentümer des Fahrzeugs muss selbst darauf achten, den versicherten Wert regelmäßig dem etwa gestiegenen Marktwert anzupassen.

Aktuell in der ZIP
Mitte 2023 hat die Europäische Kommission zwei Vorschläge zu Verordnungen zur Einführung des digitalen Euros sowie zu gesetzlichen Zahlungsmitteln vorgelegt. Damit soll zum einen mit dem digitalen Euro eine dritte Art von Zentralbankgeld eingeführt werden und zum anderen festgelegt werden, was europarechtlich normiert die gesetzlichen Zahlungsmittel sind. Aus beidem ergeben sich potentiell große Auswirkungen auf das geltende Geldsystem. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Rechtsfragen.

BGH v. 27.2.2024 - XI ZR 258/22
Der BGH hat sich vorliegend unter Berücksichtigung der Maßgaben des Urteils des EuGH vom 21.12.2023 (C-38/21, C-7/21 und C-232/21 - BMW Bank u.a.) mit den Voraussetzungen des Widerrufs eines zur Finanzierung eines Kfz-Erwerbs geschlossenen Darlehensvertrags befasst. Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Bank eine ordnungsgemäße Widerrufsinformation und die erforderlichen Pflichtangaben beanstandungsfrei erteilt.

VG München v. 28.11.2023 - M 3 E 23.4371
Das VG München hat den Eilantrag eines Studenten auf Zulassung zum Masterstudiengang an der TU München abgelehnt. Nach den Regeln des Anscheinsbeweises könne davon ausgegangen werden, dass eine Verletzung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis vorliege. Dass das abgegebene Essay sich auffällig von denen der anderen Bachelorabsolventen und von dem vom Antragsteller selbst im Vorjahr abgegebenen Essay unterscheide und zugleich Merkmale aufweise, die für durch künstliche Intelligenz erstellte Texte typisch sind, lasse darauf schließen, dass das Essay mit unerlaubter Hilfe erstellt wurde.

Das BMJ hat am 23.2.2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung veröffentlicht. Der RefE soll der weiteren Digitalisierung des Beurkundungswesens dienen. Ziel der Reform ist es Medienbrüche abzubauen, wodurch insbesondere die Urkundsstellen entlastet werden sollen.

BayVGH v. 15.2.2024 - 4 CE 23.2267
Der BayVGH hat die Beschwerde einer Stadt im Landkreis Mühldorf am Inn zurückgewiesen und die geplante Drohnenbefliegung eines Wohngrundstücks zur Ermittlung der Geschossfläche als rechtswidrig eingestuft.

FG Niedersachsen v. 13.11.2023 - 3 K 11195/21
Das FG Niedersachsen hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Influcencerin Aufwendungen für Kleidung und Accessoires steuerlich geltend machen kann. Das FG verneinte dies, da bei gewöhnlicher bürgerlicher Kleidung und Mode-Accessoires eine Trennung zwischen privater und betrieblicher Sphäre nicht möglich sei. Dabei komme es auch nicht darauf an, wie die Klägerin die Gegenstände konkret genutzt hat.

BVerfG v. 14.2.2024 - 2 BvR 1816/23
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines wegen der Beteiligung an sog. "Cum-Ex"-Geschäften zu einer Freiheitsstrafe Verurteilten nicht zur Entscheidung angenommen. Dieser wendet sich gegen die Verwerfung seiner Revision gegen das Strafurteil durch den BGH.

Erwirbt der Täter durch ein verbotenes Insidergeschäft Finanzinstrumente, unterfallen diese − ersatzweise deren Wert − der Einziehung. Das hat der BGH, Urt. v. 6.12.2023 – 2 StR 471/22, entschieden.

LG Köln v. 20.11.2023 - 22 O 43/23
Das LG Köln hat eine Bank verurteilt, einem Kunden ca. 10.000 € zu erstatten, die von dessen Girokonto als unautorisierte Zahlungen durch einen Dritten abgebucht worden waren. Der Kunde war Opfer eines Phishing-Angriffs mittels Call-ID Spoofing (hier: durch Anzeige der Telefonnummer der Bank) geworden. In dem konkreten Fall könne dem Kunden keine grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden, meinte das Gericht.

OLG Düsseldorf v. 8.2.2024 - 20 U 56/23
Bei lebensnaher Betrachtung kann von dem Erwerber einer Fototapete im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung nicht erwartet werden, sicherzustellen, dass keine Lichtbilder in dem mit der Fototapete ausgestattetem Raum gefertigt werden oder die Fototapete abgedeckt oder auf den gefertigten Lichtbildern nachträglich retuschiert wird.

Nach intensiven politischen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern hat der Bundestag am Freitag, 23.2.2024, das sog. Wachstumschancengesetz ohne die Klimaschutz-Investitionsprämie beschlossen. Das Vermittlungsergebnis sieht auch Änderungen bei der Besteuerung von Renten und weiterer Regelungen im Einkommensteuerrecht im Vergleich zum ursprünglichen Beschluss des Bundestages vor. Das gilt auch für das Umsatzsteuerrecht.

BSG v. 22.2.2024 - B 3 P 8/22 R
Das BSG hatte einen Fall über die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in einer Angelegenheit der privaten Pflegeversicherung zu entscheiden. Es gab dem Anspruch statt in analoger Anwendung des § 63 SGB X. Eine Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage liege vor, wenn in Angelegenheiten der privaten Pflegeversicherung durch das Versicherungsunternehmen ein vorgerichtliches fakultatives Einwendungsverfahren eröffnet wird, das dem Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte einer Pflegekasse in Angelegenheiten der sozialen Pflegeversicherung nachgebildet ist.

Das BMJ hat am 23.2.2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung veröffentlicht. Der Gesetzentwurf dient der weiteren Digitalisierung des Beurkundungswesens. Ziel der Reform ist es Medienbrüche abzubauen. Hierdurch sollen insbesondere die Urkundsstellen entlastet werden.

BGH v. 17.1.2024 - XII ZB 88/23
Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Beteiligten liegenden Gründen beruht.

LG Lübeck v. 11.1.2024 - 15 O 72/23
Manche Steuerermäßigungen können nur einmal im Leben geltend gemacht werden und sind dann für später verbraucht. Über diese Gefahr muss ein Steuerberater aufklären, auch wenn es dazu noch keine Gerichtsentscheidung gibt, entschied das LG Lübeck und gab einer Klage auf Schadensersatz iHv 220.000 € statt.

BGH v. 23.11.2023 - IX ZB 29/22
Die Entlassung des Insolvenzverwalters auf Antrag eines Gläubigers wegen fehlender Unabhängigkeit stellt einen gesetzlich geregelten Unterfall einer Entlassung aus wichtigem Grund dar. Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters führen nicht stets dazu, dass zugleich seine Unabhängigkeit beeinträchtigt ist. Ein Beschwerderecht steht einem Insolvenzgläubiger nur für seinen Antrag zu, den Insolvenzverwalter wegen fehlender Unabhängigkeit aus seinem Amt zu entlassen.

EuG v. 21.2.2024 - T-361/21
Eine Klage gegen die Eintragung des Namens "Halloumi" als geschützte Ursprungsbezeichnung hatte vor dem EuG keinen Erfolg.

EuGH, C-693/22: Schlussanträge des Generalanwalts vom 22.2.2024
Eine Datenbank mit personenbezogenen Daten kann unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens verkauft werden, auch wenn die von diesen Daten betroffenen Personen dem nicht zugestimmt haben. Das ist dann der Fall, wenn die mit einem solchen Verkauf verbundene Datenverarbeitung in einer demokratischen Gesellschaft zur Sicherstellung der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs notwendig und verhältnismäßig ist.

BGH v. 20.2.2024 - KVB 69/23
Der BGH hat sich vorliegend mit der Frage befasst, ob das Bundeskartellamt in einem Kartellverwaltungsverfahren bestimmte vertrauliche Informationen, die Google als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ansieht, gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten offenlegen darf.

BGH v. 9.1.2024 - II ZR 65/23
Die Verjährung des Anspruchs der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen vor Beginn des Kaduzierungsverfahrens schließt die Säumnis des Gesellschafters i.S.d. § 21 GmbHG aus, ohne dass dieser die Verjährungseinrede erheben muss. Eine Einlageforderung, auf die das Kaduzierungsverfahren nicht gestützt werden kann, weil sie bereits vor Einleitung des Kaduzierungsverfahrens verjährt war, wird von der Ausfallhaftung nach § 24 Satz 1 GmbHG nicht erfasst.

BGH v. 17.10.2023 - II ZR 72/22
Ist eine GmbH in Liquidation dazu berechtigt, abgetretene Ansprüche auf Ersatz verbotener Zahlungen nach § 64 Satz 1 GmbHG a.F. in gewillkürter Prozessstandschaft einzuklagen? Die Abtretung von Ansprüchen einer GmbH auf Ersatz verbotener Zahlungen nach § 64 Satz 1 GmbHG a.F. ist unwirksam, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist und der Gesellschaft für die Abtretung keine gleichwertige Gegenleistung zufließt.

Aktuell in der ZIP
Anlegerklagen haben Konjunktur, man denke nur an die Fälle VW und Porsche (Diesel), EY (Wirecard) und Bayer (Monsanto). Kaum eine Frage ist dabei so bedeutsam wie die, unter welchen Voraussetzungen das Prozessgericht den Einzelrechtsstreit gem. § 8 KapMuG aussetzen muss. Der XI. Zivilsenat des BGH hat eine sehr restriktive Linie eingenommen. Das Ergebnis dieser Rechtsprechung ist ein faktischer Vorrang des Einzelverfahrens vor dem Musterverfahren, das dadurch erheblich an Schlagkraft verliert. Das OLG München hat dem BGH daher kürzlich die Gefolgschaft verweigert. Der folgende Beitrag analysiert die Rechtsprechung des XI. Senats und zeigt, dass sie weder mit den Vorgaben des einfachen Rechts vereinbar ist noch auf die von dem BGH vertretene verfassungskonforme Auslegung des § 8 KapMuG gestützt werden kann.

OLG Düsseldorf v. 15.8.2023 - 3 Wx 104/23
Angesichts der heute verbreiteten Verwendung der Bezeichnung „Institut“ im privatwirtschaftlichen Bereich führt dessen Verwendung für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal. Eine Irreführung i.S. des § 18 Abs. 2 HGB ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn ein Privatunternehmen der Bezeichnung „Institut“ einen Zusatz beifügt, der weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen ist, noch auf eine bestimmte Fachrichtung hinweist und damit nicht geeignet ist, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken.

OLG Thüringen v. 14.9.2021 - 7 U 521/21
Das OLG Thüringen hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren einem ehemaligen Beschäftigten einen Anspruch auf Unterlassen des Zugriffs auf die Daten seines auch privat genutzten dienstlichen E-Mail-Postfaches durch den Arbeitgeber zugesprochen. Der Arbeitgeber habe mit seiner Einsichtnahme in das dienstliche E-Mail-Postfach, für welches auch die private Nutzung erlaubt war, sowie mit der Verarbeitung der dortigen Daten gegen das Fernmeldegeheimnis verstoßen. Derzeit sprächen die besseren Argumente für die Einordnung des Arbeitgebers als Diensteanbieter bei Gestattung einer privaten Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts.

Der allein vom Bestehen der Abschlussprüfung abhängige Darlehensteilerlass bei der beruflichen Aufstiegsfortbildung ist Ersatz von Werbungskosten aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen und führt daher zu steuerpflichtigem Arbeitslohn aus nichtselbständiger Arbeit. Das hat der BFH, Urt. v. 23.11.2023 – VI R 9/21, entschieden.

Das Lohnbuchhaltungsmandat umfasst keine Pflicht, die Frage der Sozialversicherungspflicht eigenständig zu klären. Das hat der BGH, Urt. v. 8.2.2024 – IX ZR 137/22, entschieden.

OVG NRW v. 15.2.2024 - 12 A 3020/20
Die von der Stadt Wuppertal für die Zeit ab dem 1.8.2014 vorgenommene Festlegung des Betrags zur Anerkennung der Förderleistung, der bei öffentlicher Förderung eines Kindes in Kindertagespflege an die jeweilige Tagespflegeperson zu zahlen ist, ist nicht zu beanstanden. Dies hat das OVG entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.

EuGH v. 20.2.2024 - C-715/20
Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer ist über die Gründe der ordentlichen Kündigung seines Arbeitsvertrags zu informieren, wenn vorgesehen ist, dass Dauerbeschäftigten diese Information mitgeteilt wird. Eine nationale Regelung, die vorsieht, dass nur Dauerbeschäftige über die Kündigungsgründe informiert werden, verstößt gegen das Grundrecht des befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf einen wirksamen Rechtsbehelf.

LAG Niedersachsen v. 8.2.2024 - 6 Sa 559/23
Das LAG Niedersachsen hat die Berufung der VW AG in einem Verfahren über den Vergütungsanspruch eines zu 100 % freigestellten Betriebsratsmitgliedes zum größten Teil zurückgewiesen.

LG München I v. 9.2.2024 - 42 O 10792/22
Das LG München I hat eine digitale Plattform zu Unterlassung und Auskunft für das öffentliche Zugänglichmachen von Filmproduktionen verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadenersatz festgestellt, da die Plattform bestmögliche Anstrengungen im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 UrhDaG hat vermissen lassen, um die seitens der Klägerin hierfür angebotenen Nutzungsrechte zu erwerben. Eine derartige Obliegenheit fordert das Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Dienstanbietern für das Teilen von Online-Inhalten (UrhDaG) vom 21.5.2021, das die sog. DSM- Richtlinie im deutschen Recht umsetzt.

BGH v. 8.2.2024 - IX ZR 2/22
Die Geltendmachung eines Insolvenzanfechtungsanspruchs auf Rückgewähr gezahlter Einfuhrumsatzsteuer verstößt nicht gegen Treu und Glauben (dolo-agit-Einwand). Die Geltendmachung des insolvenzanfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs verstößt selbst dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn man mit dem OLG von einer Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs ausgeht und annimmt, dass eine daraus folgende Umsatzsteuerschuld eine Masseverbindlichkeit darstellt.

BGH v. 14.12.2023 - IX ZR 10/23
Die vollumfängliche Rückzahlung einer Einlage an einen stillen Gesellschafter stellt insoweit eine unentgeltliche Leistung dar, als die Einlage durch Verluste vermindert war und es im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung keine weiteren Ansprüche auf den dem Verlust entsprechenden Betrag gab.

OLG Frankfurt a.M. v. 25.1.2024 - 26 U 11/23
Ereignet sich ein Unfall in einer Verkehrslage und unter Umständen, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit für den Unfall ursächlich war. Das OLG Frankfurt a.M. hat einer schwer verletzten Fußgängerin nach dieser Beweisregel Schmerzensgeld iHv 52.500 € und Schadensersatz - jeweils unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 25% - zugesprochen.

OLG Zweibrücken v. 13.7.2023 - 5 U 188/22
Ein Bauunternehmen kann die zu einem Festpreis vereinbarte Errichtung eines Massivhauses nicht unter Verweis auf unvorhersehbare Materialpreissteigerungen verweigern, wenn es eine Formularklausel in den Bauvertrag eingebracht hat, die ihm eine unbegrenzte einseitige Anpassung der Vergütung ermöglicht.

BGH v. 8.2.2024 - IX ZR 194/22
Der Annahme einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung durch die Zahlung von Einfuhrumsatzsteuer stehen weder das von der Entstehung der Steuer abhängige Recht zum Vorsteuerabzug noch eine (unterstellte) Pflicht zur Berichtigung des getätigten Vorsteuerabzugs entgegen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG a.F. ist nicht auf Rechtshandlungen anwendbar, die Deckung für Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis gewährt haben.

OLG Frankfurt a.M. v. 6.12.2023 - 3 U 3/23
Gibt ein Kunde mittels PushTAN und Verifizierung über eine Gesichtserkennung nach einer Phishing-Nachricht die temporäre Erhöhung seines Überweisungslimits und eine anschließende Überweisung frei, handelt er grob fahrlässig. Die Bank schuldet in diesem Fall nicht die Rückerstattung des überwiesenen Betrags.

BGH v. 18.1.2024 - III ZR 245/22
Der BGH hat sich vorliegend mit dem Verstoß gegen das Transparenzgebot bei unverbrieften Namensschuldverschreibungen und der Darlegungs- und Beweislast bei der Vereitelung der Durchsetzung von (Zins- und Kapitalrückzahlungs-)Forderungen befasst.

OLG Hamburg v. 8.2.2024 - 7 W 11/24
Auch für die Zulässigkeit von Bewertungen in einem Arbeitgeber-Bewertungsportal kommen die vom BGH für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze vollen Umfangs zum Tragen. Der Bewertete kann die Löschung der Bewertung verlangen, wenn der Portalbetreiber den Bewerter ihm gegenüber nicht so individualisiert, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann. Das gilt auch dann, wenn der Portalbetreiber einwendet, aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen diese Individualisierung nicht vornehmen zu dürfen.

Aktuell in der ZIP
Die Vorgaben für die maßgebenden Kommunikationsmittel sind ein Musterbeispiel für Qualitätsprobleme in der europäischen wie deutsche Widerrufsgesetzgebung. Insbesondere wann seitens des Unternehmers in der Widerrufsbelehrung anzugeben ist oder war, lässt sich weder durch einen Blick ins Gesetz noch durch Konsultation von Rechtsprechung und Schrifttum hinreichend sicher beantworten. Der nachfolgende Beitrag legt unionsrechtlich wie umsetzungsrechtlich dar, dass es für die von den beiden EuGH-Entscheidungen behandelten Fassungen der Richtlinie und deren Umsetzungsnormen kein allgemeines Erfordernis der Angabe einer Telefonnummer in der Verbraucherinformation und in der Widerrufsbelehrung gibt. Das gilt auch für die Situationen der vorherigen Angabe der Telefonnummer auf der Website, und zwar für die allgemeine Informationspflicht und erst recht für die Anforderungen an die Widerrufsbelehrung.

Nach dem BetrVG haben Betriebsräte Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitgeber zu tragen hat. Davon können Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar auch dann erfasst sein, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet. Das hat das BAG, Beschl. v. 7.2.2024 – 7 ABR 8/23, entschieden.

Die Wohnungseigentümer können nach dem seit dem 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum zur Folge hat; einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedarf es hierfür nicht mehr. Das hat der BGH, Urt. v. 9.2.2024 – V ZR 244/22, in Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511, entschieden.

Ist dem Verkäufer einer Forderung deren Übertragung auf den Käufer nicht möglich, weil die Forderung nicht besteht, liegt ein vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht geregelter Fall der Nichterfüllung (§ 275 Abs. 1 BGB), nicht aber ein vom kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht (§ 453 Abs. 1, §§ 434 f. BGB a.F., § 437 BGB) erfasster Mangel der verkauften Forderung vor. Das hat der BGH, Urt. v. 18.10.2023 – VIII ZR 307/20, entschieden.

Die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) hat Fragen und Antworten zur Anwendung und Umsetzung der CSRD veröffentlicht.

FG Hamburg v. 9.11.2023 - 6 K 228/20
Die Rückforderung von angerechneter Kapitalertragsteuer im „Cum/ex-Verfahren“ ist rechtmäßig, entschied das FG Hamburg. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

EFRAG veröffentlichte den ersten Satz von zwölf Erläuterungen zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), welche die Berichtspflichten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung konkretisieren.