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BMJ: Gesetzesentwurf zur digitalen Dokumentation strafgerichtlicher Hauptverhandlungen

Vor allem bei großen Wirtschaftsstrafverfahren war es immer eine schwere Bürde, dass es praktisch kein Protokoll des Gangs der Hauptverhandlung gab, so dass die Strafverteidiger mühsam sich entsprechende Notizen machen mussten, um Zeugenvernehmungen, Einlassungen der Staatsanwaltschaft und – nicht zuletzt – auch die (vorläufigen) Bewertungen des Gerichts in Erinnerung zu behalten. Das will die Bundesregierung jetzt ändern. Am 10.5.2023 hat sie einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auf den Weg gebracht. Denn anders als beim AG wird die Hauptverhandlung vor dem LG und dem OLG regelmäßig nicht festgehalten. Doch der Entwurf betont zu Recht: Strafgerichtliche Hauptverhandlungen dauern heute im Schnitt deutlich länger als in der Vergangenheit und auch sog. Umfangsverfahren am LG und OLG sind keine Seltenheit mehr. Daher ist das „Fehlen einer Inhaltsdokumentation“ ein erheblicher Mangel, zumal „die Erinnerung der Verfahrensbeteiligten an die Einzelheiten des Hauptverhandlungsgeschehens mit der Zeit naturgemäß zunehmend verblasst“ (RegE, S. 1). Hinzu kommt, dass das notwendige Mitschreiben eigener Notizen als eine notwendige Gedächtnisstütze die Verfahrensbeteiligten davon abhält, „sich vollumfänglich auf das Geschehen in der Hauptverhandlung zu konzentrieren“ (ebenda).

Tonaufzeichnungen und ein elektronisches Transkript sind der Lösungsvorschlag. Auch soll eine Bildaufzeichnung möglich sein, wobei die Länder hier in die Pflicht genommen werden. Eine Pilotphase ist bei den Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte vorgesehen; sie ist bis Ende 2027 terminiert. Bis zum Ende des Jahres 2030 soll dann das ganze Projekt bundesweit „stehen“. Aber auch noch dies ist Gegenstand des Gesetzesentwurfs: Materiell-strafrechtliche und Verfahrensregeln sollen den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten gewährleisten, „insbesondere zum Schutz vor einer Veröffentlichung und Verbreitung der Aufzeichnungen und der Transkripte“ (RegE, S. 2). Sollte jedoch ein besonderes Geheimhaltungsinteresse bestehen, dann sollen die gleichen Regeln herangezogen werden wie die, welche für den Ausschluss der Öffentlichkeit gelten.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.05.2023 09:24
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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