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RegE: Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in Zivilgerichtsbarkeit

Die Bundesregierung hat am 16.8.2023 den Regierungsentwurf zur Stärkung des Justizstandorts Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit („Justizstandorts-Stärkungsgesetz“) beschlossen. Parteien von privatrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten sollen dadurch Verfahren künftig vollständig in englischer Sprache führen können. Außerdem soll den Parteien von großen privatrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten ein attraktives Gesamtpaket für das Verfahren angeboten werden, damit sich Deutschland dem Wettbewerb mit anerkannten ausländischen Handelsgerichten und Schiedsgerichten stellen kann.

Um dies zu erreichen, sieht der RegE im Wesentlichen folgende gesetzliche Maßnahmen vor:

1. „Commercial Chambers“ bei den Landgerichten
Die Länder sollen vorsehen können, dass bestimmte Wirtschaftsstreitigkeiten an ausgewählten Landgerichten vor sog. Commercial Chambers geführt werden. Das Verfahren, einschließlich der Entscheidung, kann vollständig in englischer Sprache geführt werden. Voraussetzung ist, dass sich die Parteien auf die Verfahrenssprache Englisch einigen oder die beklagte Partei dem nicht widerspricht.

2. „Commercial Courts“ bei den Oberlandesgerichten
Die Länder sollen für große privatrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von 1 Mio. € erstinstanzliche Spezialsenate bei ihren Oberlandesgerichten einrichten dürfen („Commercial Courts“). Auch hier kann das Verfahren vollständig in englischer Sprache stattfinden.
Zudem sind weitere Maßnahmen vorgesehen, die für eine schnelle und effiziente Verhandlungsführung sorgen: Die Commercial Courts sollen mit spezialisierten Richtern besetzt werden, die über sehr gute Sprachkompetenzen verfügen und Zugriff auf moderne technische Ausstattung in den Gerichten haben. Zudem ist u.a. ein frühzeitiger Organisationstermin vorgesehen, um den Sach- und Streitstoff zu systematisieren, abzuschichten und um Vereinbarungen zu einem Verfahrensfahrplan zu treffen.

3. Revision zum BGH
Gegen eine erstinstanzliche Entscheidung der Commercial Courts soll die Revision zum BGH stets zulässig sein. Eine umfassende Verfahrensführung in englischer Sprache soll – im Einvernehmen mit dem zuständigen Senat des BGH – auch in der Revision möglich sein.

4. Übersetzung, Geschäftsgeheimnisse und Öffentlichkeit
Die englischsprachigen Entscheidungen der Commercial Chambers, der Commercial Courts und des BGH sollen zur Unterstützung der Rechtsfortbildung auch in deutscher Sprache veröffentlicht werden.
Die Verfahrensregelungen nach dem Geschäftsgeheimnisschutzgesetz sollen auf den gesamten Zivilprozess ausgeweitet werden. Künftig soll der Schutz von Geschäftsgeheimnissen bereits auf den Zeitpunkt der Klageerhebung vorverlegt werden. Die als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen sollen außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nicht genutzt oder offengelegt werden dürfen.

5. Videoverhandlungen
Die Bundesregierung hat bereits einen RegE zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten vorgelegt. Damit sollen insbesondere die bereits bestehenden zivilprozessualen Möglichkeiten zur Durchführung von Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen flexibilisiert und erweitert werden. Auch in Verfahren vor den Commercial Chambers bzw. Commercial Courts kann Videokonferenztechnik künftig verstärkt eingesetzt werden.

Der RegE ist abrufbar unter www.bmj.de.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.08.2023 19:20
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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