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Ersatzaussonderung und Bereicherung (Ganter, ZIP 2023, 1936)

Die Ersatzaussonderung, die in § 48 InsO geregelt ist, hat von Anfang an für Diskussionen gesorgt. Der Referentenentwurf und der Regierungsentwurf schränkten die Ersatzaussonderung wesentlich ein; Der Rechtsausschuss des Bundestages dehnte sie – entsprechend dem früheren § 46 KO – wieder aus. Kritiker der Vorschrift sind der Meinung, sie stelle eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung einer willkürlich ausgewählten Gläubigergruppe dar und sei einer systematischen Erfassung und Durchdringung nicht zugänglich. Da § 48 InsO nach h.M. keinen neuen Anspruch schafft, sondern lediglich einen außerhalb der Insolvenzordnung bestehenden Anspruch verstärkt, indem diesem unter bestimmten Voraussetzungen Aussonderungskraft verliehen wird, muss man erst einmal einen solchen finden. Diesem Problem widmen sich Damian Schmidt und Alicia Roth in ihrem ambitionierten Beitrag zu dem Thema „Ersatzaussonderung und Bereicherung“.


I. Zur Rechtsnatur der Ersatzaussonderung

II. Zur Bereicherung und zu deren Wegfall

III. Zur Kritik an der „Bodensatztheorie“ und zu deren Fortentwicklung


I. Zur Rechtsnatur der Ersatzaussonderung

In Vorab betrachten Damian Schmidt und Alicia Roth, die sich für die Anerkennung des § 816 Abs. 1 Satz1 BGB als „materiellrechtliches Substrat der Ersatzaussonderung“ und eine „bereicherungsrechtliche Durchleuchtung des § 48 Satz 2 InsO anhand § 818 Abs. 3 BGB“ aussprechen, die Rechtsnatur der Ersatzaussonderung.

Nach herkömmlicher Ansicht – der auch der Rezensent gefolgt ist – will § 48 InsO, wie schon zuvor § 46 KO, nicht Rechte bzw. Ansprüche schaffen, sondern nur verstärken. Dafür spricht, dass das Insolvenzrecht grundsätzlich keine neuen materiellrechtlichen Ansprüche begründen kann. Wer nicht der Gegenansicht anhängt, der Ersatzaussonderungsanspruch sei ein „originär insolvenzrechtlicher Herausgabeanspruch mit Aussonderungskraft“, muss deshalb nach einer außerhalb der Insolvenzordnung liegenden materiellrechtlichen Grundlage für die Ersatzaussonderung Ausschau halten.

Schmidt/Roth folgen, zu Recht, der – ganz herrschenden – Auffassung, dass § 48 InsO keine insolvenzrechtliche Ausprägung einer dinglichen Surrogation ist. Gut vertretbar sind auch ihre Zweifel, dass mit der mehrheitlich befürworteten haftungsrechtlichen Surrogation „ein Erkenntnisgewinn verbunden“ ist. Wenn man sich nicht an den Begriff der Surrogation klammert, sondern die „haftungsrechtliche Surrogation“ mehr als Beschreibung des gewünschten Ergebnisses denn als dessen Begründung versteht oder, statt von „haftungsrechtlicher Surrogation“, von „haftungsrechtlicher Vermögenszuordnung“ spricht, wird jedoch deutlich, dass dem § 48 InsO eine spezifisch insolvenzrechtliche Denkweise zugrunde liegt: So wenig wie der auszusondernde Gegenstand soll die dafür vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter erzielte Gegenleistung für die Verbindlichkeiten des Schuldners haften. Ob man nun den Ersatzaussonderungsanspruch als „originär insolvenzrechtlichen Herausgabeanspruch mit Aussonderungskraft“ qualifiziert oder davon ausgeht, dass § 48 InsO unter besonderen Voraussetzungen – insbesondere der fehlenden Berechtigung – vorhandenen, außerinsolvenzrechtlichen Ansprüchen Aussonderungskraft verleiht, kann offen bleiben, falls sich außerhalb des Insolvenzrechts angesiedelte materiellrechtliche Anspruchsgrundlagen finden lassen. Wäre dies nicht der Fall, müsste man notgedrungen auf die zuerst genannte Ansicht rekurrieren. Denn dass der Gesetzgeber die Ersatzaussonderung wollte, ist unbestreitbar. Auf dieses Problem wird später nochmals zurückzukommen sein.

Zuzugeben ist Schmidt/Roth, dass „allgemeine Billigkeitserwägungen nicht ... 
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.09.2023 13:16
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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