Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

BAG: EuGH-Vorlage zu den Rechtsfolgen von Fehlern im Anzeigeverfahren bei Massenentlassungen

Der 2. Senat des BAG hat mit Beschluss vom 1.2.2024 (2 AS 22/23 (A)) das Anfrageverfahren des 6. BAG-Senats vom 14.12.2023 (6 AZR 157/22 (B), ZIP 2024, 314, in diesem Heft) ausgesetzt und den EuGH um die erforderliche Beantwortung von Fragen zur Auslegung der den §§ 17 ff. KSchG zugrunde liegenden RL 98/59/EG zur Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ersucht. Der 6. Senat hatte angefragt, ob der 2. Senat an seiner Rechtsauffassung festhält, dass eine im Rahmen einer Massenentlassung erklärte Kündigung nichtig ist, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs keine oder eine fehlerhafte Anzeige nach § 17 Abs. 1 und 3 KSchG vorliegt.

Die Vorlagefragen lauten wie folgt:

„1. Ist Art. 4 Abs. 1 der RL 98/59/EG (im Folgenden MERL) dahin auszulegen, dass eine Kündigung im Rahmen einer anzeigepflichtigen Massenentlassung das Arbeitsverhältnis eines betroffenen Arbeitnehmers erst beenden kann, wenn die Entlassungssperre abgelaufen ist?

Sofern die erste Frage bejaht wird:

2. Setzt das Ablaufen der Entlassungssperre nicht nur eine Massenentlassungsanzeige voraus, sondern muss diese den Vorgaben in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 MERL genügen?

3. Kann der Arbeitgeber, der anzeigepflichtige Kündigungen ohne (ordnungsgemäße) Massenentlassungsanzeige ausgesprochen hat, eine solche mit der Folge nachholen, dass nach Ablaufen der Entlassungssperre die Arbeitsverhältnisse der betreffenden Arbeitnehmer durch die bereits zuvor erklärten Kündigungen beendet werden können?

Sofern die erste und die zweite Frage bejaht werden:

4. Ist es mit Art. 6 MERL vereinbar, wenn das nationale Recht es der zuständigen Behörde überlässt, für den Arbeitnehmer unanfechtbar und für die Gerichte für Arbeitssachen bindend festzustellen, wann die Entlassungssperre im konkreten Fall abläuft, oder muss dem Arbeitnehmer zwingend ein gerichtliches Verfahren zur Überprüfung der Richtigkeit der behördlichen Feststellung eröffnet sein?“

Das Anfrageverfahren nach § 45 Abs. 3 ArbGG wird bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.02.2024 07:18
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite