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BGH zur Zulässigkeit von baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zur Barrierereduzierung

Die Wohnungseigentümer können nach dem seit dem 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum zur Folge hat; einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedarf es hierfür nicht mehr. Das hat der BGH, Urt. v. 9.2.2024 – V ZR 244/22, in Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511, entschieden.

Eine bauliche Veränderung, die einem der in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG aufgeführten Zwecke dient, sei regelmäßig angemessen. Die Angemessenheit sei nur ausnahmsweise aufgrund außergewöhnlicher baulicher Gegebenheiten oder eines außergewöhnlichen Begehrens zu verneinen, wenn die bauliche Veränderung bei der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu Nachteilen führt, die bei wertender Betrachtung außer Verhältnis zu ihrem Zweck stehen. Nachteile, die typischerweise aufgrund einer privilegierten baulichen Veränderung eintreten, begründeten regelmäßig nicht deren Unangemessenheit. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände der Angemessenheit einer baulichen Veränderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG trage der klagende Wohnungseigentümer; verlangt ein Wohnungseigentümer gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses, müsse er zur Begründung des Anspruchs darlegen, dass die bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient. Beruft sich die Gemeinschaft auf die Unangemessenheit der Maßnahme, treffe sie eine sekundäre Darlegungslast für nachteilige Umstände, die sich nicht bereits aus dem Begehren selbst ergeben.

Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage sei bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zwecks i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, zumindest typischerweise nicht anzunehmen; der von dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten Privilegierung bestimmter Kategorien von Maßnahmen sei bei der Prüfung, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen.

Eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers setze voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfte. Der BGH führt damit seine Rechtsprechung aus BGH, Urt. v. 15.5.2020 – V ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1022, fort.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.02.2024 07:16
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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