Logo Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln

EuG v. 10.4.2024 - T-411/22

Berechnung der Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für 2022 rechtswidrig

Die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für 2022 ist rechtswidrig. Der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) hat eine durch die einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegte jährliche Obergrenze überschritten.

Der Sachverhalt:
Das französische Kreditinstitut Dexia stellt vor dem Gericht der Europäischen Union die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des SRB zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) für 2022 in Frage, soweit er sie betrifft.

Nach Ansicht von Dexia muss der SRB bei der Berechnung der individuellen im Voraus erhobenen Beiträge für ein bestimmtes Jahr eine durch die einschlägigen Rechtsvorschriften vorgegebene Obergrenze einhalten. Insbesondere dürften die im Voraus erhobenen Beiträge aller in den am Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Kreditinstitute 12,5 % der finanziellen Mittel, die Ende 2023 im SRF verfügbar sein sollten (im Folgenden: endgültige Zielausstattung) nicht übersteigen. Der SRB habe diese Anforderung missachtet.

Das EuG gibt der Klage von Dexia statt und erklärt den angefochtenen Beschluss für nichtig, soweit er sie betrifft, erhält jedoch seine Wirkungen vorläufig aufrecht.

Die Gründe:
Bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für ein bestimmtes Jahr muss sich der SRB in der Tat vergewissern, dass der Betrag der von allen zugelassenen Instituten im Voraus zu entrichtenden Beiträge 12,5 % der prognostizierten endgültigen Zielausstattung nicht übersteigt.

Der SRB hat diese Anforderung nicht beachtet. Er hatte die endgültige Zielausstattung nämlich auf ca. 80 Mrd € prognostiziert. Bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für 2022 hatte er sich daher zu vergewissern, dass der Betrag der von allen zugelassenen Instituten im Voraus zu entrichtenden Beiträge 12,5 % dieses Betrags, d.h. ca. 10 Mrd € nicht überstieg. Er setzte die jährliche Zielausstattung für 2022 jedoch auf etwa 14 Mrd € fest (wobei dieser Betrag nach einigen Abzügen auf ca. 13,7 Mrd € herabgesetzt wurde).

Mit diesem Vorgehen hat der SRB gegen die einschlägigen Rechtsvorschriften verstoßen. Daher ist es gerechtfertigt, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er Dexia betrifft. Es ist jedoch erforderlich, die Wirkungen des Beschlusses aufrechtzuerhalten, bis der SRB die sich aus dem heutigen Urteil ergebenden Maßnahmen ergriffen hat, höchstens jedoch für sechs Monate ab dem Tag, an dem dieses Urteil rechtskräftig wird.

Wäre der SRB verpflichtet, den im Voraus erhobenen Beitrag von Dexia mit sofortiger Wirkung zurückzuzahlen (sowie die Beträge der im Voraus erhobenen Beiträge anderer Institute, die eine ähnliche Klage mit dem gleichen Argument wie Dexia erhoben haben, obwohl sie grundsätzlich weiterhin zur Zahlung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichtet sind), bestünde nämlich die Gefahr, dass dem SRF die finanziellen Mittel vorenthalten würden, die sich als erforderlich erweisen könnten, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets und die Finanzstabilität der Union zu gewährleisten.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung/News:
Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2021
EuG vom 20.12.2023 - T-389/21

Beratermodul WM / WuB Wirtschafts- und Bankrecht:
WM und WuB in einem Modul: Die WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht informiert wöchentlich aktuell und umfassend im Rechtsprechungsteil über Urteile und Beschlüsse der Gerichte. Die WuB Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht informieren monatlich aktuell und praxisbezogen kommentiert über alle wichtigen wirtschafts- und bankrechtlichen Entscheidungen. 4 Wochen gratis nutzen!

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.04.2024 11:57
Quelle: EuGH PM Nr. 62 vom 10.4.2024

zurück zur vorherigen Seite