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Aktuelle Nachrichten


Schleswig-Holsteinisches OLG v. 21.2.2023 - 2 Wx 50/22
Gem. § 26 Abs. 2 AktG analog ist es erforderlich, dass der Gründungsaufwand, den die GmbH zu Lasten ihres Nominalkapitals zu tragen hat, im Gesellschaftsvertrag als Gesamtbetrag offengelegt wird. Dabei sind die von der Gesellschaft zu tragenden Kosten als Gesamtbetrag (Endsumme) im Gesellschaftsvertrag auszuweisen, wobei Beträge, die noch nicht genau beziffert werden können, geschätzt werden müssen. Zudem müssen diejenigen Gründungskosten, die die Gesellschaft tragen soll, im Einzelnen aufgeführt und beziffert werden.

BGH v. 12.1.2023 - I ZB 33/22
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von inländischen oder ausländischen Schiedssprüchen sind die Vorschriften der §§ 110 ff. ZPO über die Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit entsprechend anwendbar. Der Antragsteller in einem solchen Verfahren steht einem Kläger i.S.v. § 110 Abs. 1 ZPO gleich. Die Privilegierung des Widerklägers gem. § 110 Abs. 2 Nr. 4 ZPO findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Erhebung einer Widerklage durch einen vorangegangenen Angriff des Klägers veranlasst ist. Es ist deshalb auch nicht ungeachtet der formalen Parteirolle derjenige als Angreifer anzusehen, der die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs begehrt.

Der Verbraucherpreisindex für Deutschland wird in turnusmäßigen Abständen einer Revision unterzogen und auf ein neues Basisjahr umgestellt. Mit den Ergebnissen für den Berichtsmonat Januar 2023 erfolgt die Umstellung von der bisherigen Basis 2015 auf das Basisjahr 2020.

BAG v. 15.11.2022 - 3 AZR 505/21
Das Bestehen eines isolierten Gewinnabführungsvertrags rechtfertigt im Rahmen der Anpassungsprüfung und -entscheidung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG keinen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Gesellschaft.

Das Bundeskartellamt hat Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp einer Mio. Euro gegen vier Dortmunder Bauunternehmen wegen Absprachen bei Ausschreibungen von Straßenbauarbeiten verhängt. Das Verfahren ging auf einen Kronzeugenantrag eines weiteren tatbeteiligten Unternehmens, der Gehrken Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG, zurück, dem in Anwendung der gesetzlichen Regelung das Bußgeld erlassen wurde.

AG München v. 14.2.2023 - 161 C 12736/22
Das Erlöschen einer ursprünglich erteilten Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung kann etwa anzunehmen sein, wenn in einem Zeitraum von vier Jahren ein Account, bei dessen Erstellung ein Newsletter abonniert wurde, nicht mehr genutzt und in Kenntnis hiervon auch keine weitere Werbung übersandt wurde. In einem solchen Fall muss sich der Werbende vor der neuerlichen Zusendung von E-Mail-Werbung bei dem Empfänger erkundigen, ob die ursprüngliche Einwilligung fortbesteht.

BGH v. 17.1.2023 - II ZR 76/21
Ein Gesellschafter einer GbR ist wegen des Grundsatzes, dass niemand Richter in eigener Sache sein darf, von der Abstimmung über die Kündigung eines Vertrags ausgeschlossen, wenn der Beschluss darauf abzielt, das Verhalten des Gesellschafters zu missbilligen. Auch bei der konkludenten Beschlussfassung einer GbR ist der einem Stimmverbot unterliegende Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft zu beteiligen.

LG Köln v. 18.8.2022 - 14 O 350/21
Für die Bejahung der Schutzschranke nach § 57 UrhG reicht es aber nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist.

BGH v. 10.11.2022 - I ZR 16/22
In situ generierter Stickstoff, mit dem Schadorganismen bekämpft werden, ist ein Biozidprodukt i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten. Es unterliegt daher grundsätzlich der Zulassungspflicht nach Art. 17 Abs. 1 BiozidVO.

BGH v. 23.2.2023 - I ZR 157/21
Der BGH hat sich vorliegend mit der urheberrechtlichen Zulässigkeit des Vertriebs von Software befasst, die dem Nutzer das Manipulieren des auf einer Spielkonsole ablaufenden Programms ermöglicht (sog. "Cheat-Software"). Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

BGH v. 15.2.2023 - IV ZR 133/21
Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG müssen nur bei Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs vorliegen und können zu einem beliebigen Zeitpunkt vor Schluss der mündlichen Verhandlung eintreten.

Aktuell in der ZIP
Die Wirksamkeit von klauselmäßigen Entgelten in Bausparverträgen ist Gegenstand zahlreicher höchstrichterlicher Entscheidungen. Am 15.11.2022 hat der BGH das jährlich zu entrichtende sog. Jahresentgelt für die bauspartechnische Verwaltung in der Ansparphase eines Bausparvertrags als unangemessene Benachteiligung des Bausparers verworfen. In diesem Zusammenhang hat der BGH die beiden Hauptleistungen der Bausparkasse in der Ansparphase besonders herausgestellt. Zu diesen zählt die Option des Bausparers auf ein Bauspardarlehen. Der Beitrag skizziert die wesentlichen Aussagen der BGH-Entscheidung und analysiert die Zulässigkeit einer klauselmäßigen Optionsprämie in der Ansparphase eines Bausparvertrags.

Liest man pflichtgemäß die Seiten, auf denen der EuGH seine Urteile, aber auch die Schlussanträge der Generalanwälte Tag für Tag veröffentlicht, dann ist es mitunter so, dass schon Schlussanträge wesentliche Neuerungen mit einiger Emphase ankündigen – immer erwartend, dass der Gerichtshof diesen Ausführungen auch folgt, was er nur selten nicht tut. Einer dieser höchst bemerkenswerten Schlussanträge trägt jetzt das Datum des 16.2.2023 (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts v. 16.2.2023 – C-520/21 – Bank M.); Verfasser ist Generalanwalt Anthony Collins. In dieser polnischen Sache geht es erneut um eine rechtsmissbräuchliche Umrechnungsklausel (Schweizer Franken vs. Zloty) in einem Hypothekardarlehensvertrag. Die globale Finanzkrise des Jahres 2008/2009 bewirkte, dass aus dem attraktiven Zins- und Umrechnungsangebot ein Horrorszenario für den Verbraucher wurde.

Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert es nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt. Das hat das BAG, Urt. v. 16.2.2023 – 8 AZR 450/21, entschieden.

Das BMJ hat am 16.2.2023 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie veröffentlicht.Das BMJ hat am 16.2.2023 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie veröffentlicht.Das BMJ hat am 16.2.2023 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie veröffentlicht.

BGH v. 8.11.2022 - II ZR 91/21
Gegen den Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, der unter Verletzung seiner gesellschafterlichen Treuepflicht eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreichen will, steht dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter ein Unterlassungsanspruch zu, den er mit der vorbeugenden Unterlassungsklage geltend machen kann.

In einer für die anwaltliche Schiedsgerichtspraxis sehr bedeutsamen Entscheidung hat der BGH, Beschluss vom 12.1.2023 – I ZB 33/22, eine Kehrtwende vollzogen und die Forderung nach einer Prozesskostensicherheit (§ 110 ZPO) im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung von in- und ausländischen Schiedssprüchen nunmehr zugelassen. Der Sachverhalt ist kurz folgender: Der Antragsteller ist ein deutscher Unternehmer, der jahrzehntelang in der Russischen Föderation tätig war. Er kooperierte mit russischen Unternehmen; doch nach deren Ende kam es zum Streit: Der Antragssteller eröffnete ein Ad-hoc-Schiedsverfahren in Moskau und erreichte eine Verurteilung der Antragsgegner auf Schadensersatz von rund 50 Mio. €.

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Tschechien, Deutschland, Estland, Spanien, Italien, Luxemburg, Ungarn und Polen vor dem EuGH zu verklagen, weil die Länder die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, nicht vollständig umgesetzt und die Umsetzungsmaßnahmen nicht mitgeteilt haben.

EuGH, C-520/21: Schlussanträge des Generalanwalts vom 16.2.2023
Nach der Nichtigerklärung eines Hypothekendarlehensvertrags wegen missbräuchlicher Vertragsklauseln können Verbraucher gegen Banken Ansprüche geltend machen, die über die Rückerstattung der erbrachten Geldleistungen hinausgehen; Banken dagegen ist dies verwehrt. Es ist Sache der nationalen Gerichte, nach Maßgabe des nationalen Rechts zu bestimmen, ob Verbraucher zur Geltendmachung derartiger Ansprüche berechtigt sind, und ggf. über deren Begründetheit zu entscheiden.

EuGH, C 38/21 u.a.: Schlussanträge des Generalanwalts vom 16.2.2023
Generalanwalt Collins hat sich in seinen vorliegenden Schlussanträgen mit dem Widerrufsrecht bei Kfz-Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung und bei Darlehensverträgen zur Finanzierung des Kaufs eines Gebrauchtwagens befasst.

EuGH v. 16.2.2023 - C-312/21
Das einschlägige Unionsrecht steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach in dem Fall, dass dem Antrag teilweise stattgegeben wird, jede Partei ihre Kosten und die Hälfte der gemeinsamen Kosten trägt. Die Informationsasymmetrie zwischen den Parteien bleibt bei der Beurteilung der Möglichkeit für ein nationales Gericht, den durch eine solche Zuwiderhandlung verursachten Schaden zu schätzen, unberücksichtigt.

LG Düsseldorf v. 22.12.2022 - 14c O 45/21
Bei einem Werk der angewandten Kunst i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG, das einen Unterfall des Werks der bildenden Künste darstellt, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG genügt für ein Erscheinen i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG auch, wenn das Werk oder ein Vervielfältigungsstück des Werks mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit bleibend zugänglich gemacht ist. Der bleibenden Veröffentlichung i.S.v. § 6 Abs. 2 S. 2 UrhG unterfällt insbesondere die bleibende Ausstellung im Museum einschließlich der Aufnahme in ein Museumsmagazin, nicht jedoch die nur vorübergehende Aufstellung im öffentlichen Raum oder in einer privaten Galerie als Kulisse.

BGH v. 15.2.2023 - IV ZR 353/21
Ein Bereicherungsanspruch ist jedenfalls nach § 242 BGB wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerspruchsrechts gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (a.F.) ausgeschlossen, wenn dem Versicherungsnehmer durch einen geringfügigen Belehrungsfehler nicht die Möglichkeit genommen worden ist, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben.

LG Braunschweig v. 14.2.2023 - 6 O 3931/21
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) seinen sich aus den Grundrechten ergebenen Schutzpflichten gegenüber den Bürgern genügt. Die Verpflichtungen eines privatwirtschaftlich handelnden Unternehmens reichen nicht weiter als die dem Staat aus den Grundrechten unmittelbar erwachsenen Schutzpflichten. Die Volkswagen AG hält sich an die geltenden Vorschriften.

Aktuell in der ZIP
In Anknüpfung an ihre Publikation aus ZIP 2021, 653 nehmen die Verfasser kritisch zum Urteil des LG München I v. 23.11.2022 – 29 O 7754/21, ZIP 2022, 2505, Stellung, das im Fall „Wirecard“ die Anmeldung kapitalmarktrechtlicher Schadensersatzansprüche der Anleger zur Insolvenztabelle im Rang des § 38 InsO abgelehnt hat. Sie zeigen auf, dass die aktuelle Entscheidung des LG München I mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar ist, sie den Gehalt des § 199 Satz 2 InsO missinterpretiert und die europarechtliche Dimension unterbelichtet.

OLG Brandenburg v.17.1.2023 - 6 U 26/22
§ 3 Abs. 4, 4a MPAV enthält Vorgaben dazu, an welche Personengruppen In-vitro-Diagnostika speziell auch für den Nachweis des Coronavirus Sars-Cov-2 ausgegeben werden dürfen. Die Vorschriften stellen damit eine produktbezogene Absatzbeschränkung mit dem Ziel des Gesundheitsschutzes von Verbrauchern dar. Der durch die Abgabebeschränkung bewirkte Schutz der Patienten vor Diagnostika, die für Laien nicht geeignet sind, wird aber erst relevant, wenn das betreffende Produkt tatsächlich in deren Hände gelangt.

Der Gravenbrucher Kreis hat in einer Stellungnahme vom 13.2.2023 zum Entwurf einer Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte der nationalen Insolvenzrechte (COM (2022) 702 final) die gezielte Anpassung der europäischen Insolvenzrechte befürwortet und zugleich zukunftsweisende Investitionen in die Stärkung der deutschen Justizverwaltung gefordert.

Die BaFin haftet Anlegern nicht auf Schadensersatz wegen unzureichender Aufsichtswahrnehmung, da die Aufgaben allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden. Eine Verletzung der Bilanzkontrollpflichten im Rahmen des sog. Wirecard-Skandals ist auch nicht feststellbar. Das hat das OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.2.2023 – 1 U 173/22, entschieden und damit die landgerichtliche Klageabweisung bestätigt, wonach ein Anleger die BaFin nicht wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz für erlittene Kursverluste in Anspruch nehmen kann.

Es ist zulässig, wenn nationale Vorschriften – hier: das BDSG – strengere Anforderungen an die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten stellen, als es die DSGVO tut. Das hat der EuGH, Urt. v. 9.2.2023 – C-453/21 – X-FAB Dresden und C-560/21 – KISA, auf zwei Vorabentscheidungsersuchen des BAG (zu C-453/21: BAG v. 27.4.2021 – 9 AZR 383/19 (A), ZIP 2021, 1880 = EWiR 2021, 630 (Fuhlrott)) hin entschieden.

Die Verkaufspreise im Großhandel waren im Januar 2023 um 10,6 % höher als im Januar 2022. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war die Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahresmonat damit zum vierten Mal in Folge rückläufig. Im Dezember 2022 hatte sie bei +12,8 % gelegen, im November bei +14,9 %. Gegenüber dem Vormonat stiegen die Großhandelspreise im Januar 2023 erstmals seit September 2022 wieder leicht (+0,2 %).

Der Bundestag hat am Donnerstag, 9. Februar 2023, einstimmig den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf „zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe“ in einer vom Ausschuss geänderten Fassung angenommen.

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. gegen die CTS EVENTIM AG & Co. KGaA im Klageregister auf seiner Internetseite öffentlich bekannt gemacht. Verbraucherinnen und Verbraucher können jetzt ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zu dieser Klage zur Eintragung in das Register anmelden.

LG München I v. 13.2.2023 - 4 HKO 14545/21
Die Verleihung und Publizierung sog. "Ärzte-Siegel" durch die Zeitschrift Focus gegen Entgelt an Ärzte verstößt gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot. Mit den Siegeln wird der unzutreffende Eindruck erweckt, dass die betreffenden Ärzte, die als "Top-Mediziner" bezeichnet bzw. als "Focus-Empfehlung" angepriesen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplin einnehmen.

OLG Frankfurt a.M. v. 6.2.2023 - 1 U 173/22
Die BaFin haftet Anlegern nicht auf Schadensersatz wegen unzureichender Aufsichtswahrnehmung, da die Aufgaben allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden. Eine Verletzung der Bilanzkontrollpflichten im Rahmen des sog. Wirecard-Skandals ist nicht feststellbar.

Der Bundestag hat am 9.2.2023 einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Ratifizierung eines Abkommens zur Besteuerung multinational tätiger Konzerne vom 14.8.2020 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA über den Austausch länderbezogener Berichte angenommen.

Der Bundestagsbeschluss zum Schutz von Whistleblowern hat am 10.2.2023 nicht die erforderliche Zustimmung im Bundesrat erhalten. Es kann daher nicht in Kraft treten. Bundesregierung und Bundestag haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat mehrere Gutachten (u.a. von Prof. Dr. Gregor Thüsing und Prof. Dr. Clemens Höpfner) zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Neuregelung des Arbeitszeitrechts in Auftrag gegeben und die Ergebnisse jetzt vorgestellt. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Dr. Stefan Wolf, fordert in der Konsequenz, die Arbeitszeitgesetzgebung in einem Gesamtpaket grundlegend zu erneuern. Es gelte dabei, den tatsächlichen Spielraum voll auszuschöpfen, den das europäische Recht biete.

OLG Naumburg v. 9.2.2023 - 5 MK 1/20
Das OLG Naumburg hat vorliegend im Musterverstellungsverfahren eines Verbraucherschutzverbandes gegen eine Sparkasse entschieden.

EuGH v. 9.2.2023 - C-555/21
Das Recht des Verbrauchers auf Ermäßigung der Gesamtkosten seines Immobilienkredits bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredits umfasst nicht die laufzeitunabhängigen Kosten. Der Verbraucher kann somit nur eine Ermäßigung der Zinsen und der laufzeitabhängigen Kosten verlangen.

LG München I v. 7.2.2023 - 3 O 12581/21
Die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen einen Münchner Automobilhersteller, wonach dieser u.a. verpflichtet werden sollte, Produktion und Vertrieb der Pkw, zeitlich gestaffelt, auf ein Höchstmaß an Treibhausgasemissionen zu begrenzen, hatte vorliegend keinen Erfolg.

LG München I v. 7.2.2023 - 1 HK O 4969/22
Das LG München I hat sich vorliegend mit der Klage eines Umweltvereins befasst, mit der sich dieser gegen einen Automobilhersteller wegen irreführender Werbung gewendet hatte. Dem Hersteller wurde die streitgegenständliche Werbung untersagt.

In einem wohl über den Tag hinaus bedeutenden Urteil hat das EuG am 25.1.2023 (EuG v. 25.1.2023 – T-163/21) entschieden, dass ein Privater berechtigt ist, Zugang zu Dokumenten des Rates zu beanspruchen, welche als legislatorische Vorbereitung im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der RL 2013/34/EU (Bilanz-RL) von einer Arbeitsgruppe erstellt worden waren.

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, unterliegt der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Endete das Arbeitsverhältnis hingegen vor der Entscheidung des EuGH vom 6.11.2018 (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/16 – Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, ZIP 2018, 2332 = EWiR 2018, 725 (Fuhlrott)) und war es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben, konnte die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende des Jahres 2018 beginnen. Das hat das BAG, Urt. v. 31.1.2023 – 9 AZR 456/20, entschieden.

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, kann nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Endete das Arbeitsverhältnis hingegen vor der Entscheidung des EuGH vom 6.11.2018 (EuGH v. 6.11.2018 – C-684/ 16 – Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, ZIP 2018, 2332 = EWiR 2018, 725 (Fuhlrott)) und oblag es dem Arbeitnehmer aufgrund der gegenläufigen BAG-Rechtsprechung nicht, den Anspruch innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend zu machen, begann die Ausschlussfrist erst mit der Bekanntgabe des Urteils. Das hat das BAG, Urt. v. 31.1.2023 – 9 AZR 244/20, entschieden

Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Als unzureichend sind dabei nicht nur solche Informationen anzusehen, die für den Verbraucher nicht nachvollziehbar sind, sondern auch unrichtige Angaben. Das hat das LG Kiel, Urt. v. 4.11.2022 – 12 O 198/21, entschieden.

Am 18.1.2023 hat das BMJ den Entwurf für eine Änderung des Richtergesetzes vorgelegt. Ziel ist es, eine ausdrückliche Regelung vorzusehen, wonach die besondere Bedeutung der Verfassungstreue der ehrenamtlichen Richter hervorgehoben werden soll. Der Entwurf betont bereits am Anfang: „Die Pflicht zur Verfassungstreue ist eine Ausprägung der allgemeinen Treuepflicht, die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich abgesichert ist. Sie gilt für Beamtinnen und Beamte, aber auch für Richterinnen und Richter. Dabei unterliegen nicht nur hauptamtliche, sondern auch ehrenamtliche Richterinnen und Richter einer Pflicht zur besonderen Verfassungstreue.“

Aktuell in der ZIP
Lange Zeit als Fantasieszenario abgetan, sehen sich Energieproduzenten und andere private (Groß-)Emittenten mittlerweile etlichen Klimahaftungsklagen ausgesetzt. Wo eine unternehmerische Außenhaftung in Rede steht, ist aber auch ein Binnenregress nicht weit: Waren die unternehmensinternen Haftungsvermeidungsmaßnahmen ausreichend, hat die Geschäftsleitung die nötige Klima-Compliance walten lassen? Der folgende Beitrag versucht sich an einer skizzenhaften Antwort, wobei der vieldiskutierte RWE-Fall als Muster dient.

OLG Düsseldorf v. 14.11.2022 - 12 W 17/22
Allein die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei der der Gesellschafter die Geschäftsanteile gegen ein Entgelt treuhänderisch für eine andere, nicht genannte Person hält, und auf deren Weisung einen Geschäftsführer einsetzt, dessen Qualifikation er nicht überprüft hat, stellt keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu Lasten der Gesellschaft oder (künftiger) Gesellschaftsgläubiger dar.

BVerfG 6.12.2022, 2 BvL 29/14
§ 36 Absatz 6a KStG in der Fassung von § 34 Abs. 13f KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 ist mit Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Die Regelung kann zu einem Verlust von im Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren realisierbarem Körperschaftsteuerminderungspotenzial führen, ohne dass dies durch die gleichzeitige Verringerung von Körperschaft-steuererhöhungspotenzial vollständig kompensiert wird.

OLG Hamm v. 19.12.2022 - 11 W 69/22
Zu der Frage, ob das unzulässige Speichern personenbezogener Daten im Rahmen der Arbeitsverwaltung auch dann, wenn die Daten nicht weiter verarbeitet wurden, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in einem Umfang verletzt, der einen Schadensersatzanspruch aus einer Amtshaftung oder gem. Art. 82 DSGVO begründen kann.

OLG Stuttgart v. 19.1.2023 - 2 U 303/21
Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung kann ein Rabatt jedoch nur dann anspruchsmindernd berücksichtigt werden, wenn er auf den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen gewährt wird. Die Klägerin hatte allerdings keine Gebrauchtwagen angekauft. Damit konnte auch ausgeschlossen werden, dass ihr ein Großkundenrabatt für Gebrauchtwagen zugänglich war.

OLG Frankfurt a.M. v. 3.2.2023 - 2 U 88/21
Kann ein Eisenbahnverkehrsunternehmen infolge schuldhaft verspäteter Bereitstellung von Trassen seine Pünktlichkeitsverpflichtung aus dem Verkehrsvertrag mit seinem Auftraggeber nicht erfüllen und wird deshalb seine Vergütung gemindert, kann es vom Betreiber des Schienennetzes Schadensersatz verlangen. Ordnet der Schienennetzbetreiber die Ursache für die verspätete Bereitstellung selbst seinem Verantwortungsbereich zu, begründet dies eine Beweiserleichterung für die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung.

LG Düsseldorf v. 2.2.2023 - 14c O 74/22
Für die Ermittlung der Eigenart ist die Unterschiedlichkeit der Muster das maßgebliche Kriterium. Abzustellen ist auch insoweit auf das Verständnis des informierten Benutzers. Ob das Verfügungsgeschmacksmuster dabei über die erforderliche Eigenart verfügt, ist durch einen Einzelvergleich mit bereits vorhandenen Mustern zu ermitteln.

Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 23 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island (Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz, kurz CPC-Netz) haben die Ergebnisse einer Überprüfung („Sweep“) von Einzelhandelswebsites veröffentlicht. Die Kontrolle erstreckte sich auf 399 Online-Shops von Einzelhändlern, die Waren von Textilien bis Elektrogeräten verkaufen. Schwerpunkt der Kontrolle waren drei bestimmte Arten manipulativer Praktiken, sog. Dark Patterns, die Verbraucherinnen und Verbraucher häufig dazu veranlassen, Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise nicht in ihrem Interesse liegen. Dazu gehören falsche Countdown-Zähler, Websites, die so angelegt sind, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher zu Käufen, Abonnements oder anderen Entscheidungen gedrängt werden, und verborgene Informationen. Die Untersuchung ergab, dass 148 Websites mindestens eines dieser drei Dark Patterns enthielten.

BGH v. 10.1.2023 - VI ZR 67/20
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB ggü. dem Käufer des Fahrzeugs in einem sog. Dieselfall (hier: Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten).

LG Kiel v. 4.11.2022 - 12 O 198/21
Unzureichend sind nicht nur solche Informationen, die für den Verbraucher nicht nachvollziehbar sind, sondern auch unrichtige Angaben. Mit dem Begriff „Zinsbindung“ kann aus Sicht des Verbrauchers nur die vertraglich vereinbarte Zinsbindung gemeint sein. Dass sich aus dem Gesetz, insbesondere aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB für den Darlehensnehmer eine Einschränkung dieser Frist ergibt, ist für den Verbraucher nicht ohne Weiteres erkennbar.

BGH v. 17.1.2023 - VI ZR 316/20
Der BGH hatte einen Fall zur Haftung eines Fahrzeugherstellers nach § 826 BGB ggü. dem Käufer eines Fahrzeugs in einem sog. Dieselfall zu entscheiden.

OLG Stuttgart v. 1.2.2023 - 4 U 144/22
Die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung sind nicht nur auf die Berichterstattung über Straf- und Ermittlungsverfahren anzuwenden, sondern auch auf Kritik an Unternehmen und die dafür Verantwortlichen sowie auf die Berichterstattung über rechtswidriges Verhalten. Es gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien, Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen. Besteht jedoch erst der Verdacht einer Straftat, so sind die Medien bei besonderer Schwere des Vorwurfs angesichts des damit verbundenen schwerwiegenden Eingriffs in die persönliche Ehre in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet.

EuGH, C 543/21: Schlussanträge des Generalanwalts vom 2.2.2023
Generalanwalt Emiliou hat seine Schlussanträge zu der Frage vorgelegt, ob der auf Getränke- und Lebensmittelbehälter erhobene Pfandbetrag als Teil des anzugebenden Verkaufspreises anzusehen ist.

OLG Karlsruhe v. 20.12.2022 - 17 U 151/21
Eine Bankkundin kann von ihrem Geldinstitut trotz Vorlage eines Sparbuchs keine Auszahlung einer Spareinlage von 70.100 € verlangen, wenn die Bank das Sparbuch bereits Jahre zuvor auf telefonische Weisung des dazu bevollmächtigten Ehemannes aufgelöst und das Sparguthaben anschließend gutgeschrieben hat.

AG Frankfurt a.M. v. 9.12.2022 - 32 C 1565/22 (90)
Ein Lieferservicebetreiber schuldet den Urhebern keinen Schadensersatz wegen Abspielens von Musik im Verkaufsraum. Es findet insoweit keine öffentliche Wiedergabe i.S.d. UrhG statt.

OVG Rheinland-Pfalz v. 31.1.2023 - 6 B 11175/22
Für die von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder gegenüber einem Zugangsvermittler (Access-Provider) angeordnete Sperrung von Internetseiten eines ausländischen Glücksspielanbieters besteht keine Rechtsgrundlage. Eine solche Sperrungsanordnung kann auch nicht auf die Auffangermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 gestützt werden, wonach die für alle Länder oder in dem jeweiligen Land zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen kann.

OLG Frankfurt a.M. v. 16.1.2023 - 2 Ws 7/23
Macht ein Angeklagter wegen des Verdachts des Betriebs eines Schnellballsystems über Goldanlagen keine Angaben zum Verbleib der Tatbeute (hier: über 140 Mio. €), kann sich dies zu seinen Lasten im Rahmen der Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes nach Verbüßung von 2/3 der Freiheitsstrafe auswirken. Der vom LG vorliegend außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wurde vom OLG wieder in Vollzug gesetzt. Der Angeklagte hat u.a. wegen der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe einen erheblichen Fluchtanreiz.

Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten ist unwirksam, wenn der Zusteller nicht zuvor versucht, die Postsendung mit dem Schriftstück persönlich zu übergeben. Dies gilt auch während der Covid-19-Pandemie. Das hat der BFH, Urt. v. 19.10.2022 – X R 14/ 21, entschieden.

Der BGH hat in seiner Entscheidung (BGH, Urt. v. 15.12.2022 – III ZR 192/21) Wegweisendes zu den verschiedenen Rechtsfragen ausgeführt, die sich bei überlangen Verfahren – verursacht durch die Richterbank – im Rahmen des Entschädigungsanspruchs ergeben, der nach § 198 GVG die dadurch entstandenen Nachteile des Betroffenen ausgleichen soll. In der Sache ging es dabei um Schadensersatzansprüche, welche Kapitalanleger gegen die Verantwortlichen der „Göttinger Gruppe“ führten. Wegen Betrugs, Kapitalanlagebetrugs und sittenwidriger Schädigung waren anfangs 4.000 Klage anhängig gemacht worden. Die Kläger machten jeweils geltend, ihre gesamte Einlage verloren zu haben. Die Masse dieser Prozesse wurde dann – Pilotverfahren waren auf die Schiene gesetzt worden – auf zwei Kammern des LG Göttingen aufgeteilt. Die hier interessierende Klage wurde im Dezember 2011 erhoben. In den Pilotverfahren wurden danach höchst umfangreiche Gutachten erstellt; Beweisbeschlüsse ergingen. Im Oktober 2017 und im Januar 2019 wurden Verzögerungsrügen in dem Ausgangsverfahren eingereicht.

In einer bislang nur als Pressemitteilung (Nr. 18/2023) vorliegenden Entscheidung hat der BGH (BGH, Urt. v. 26.1.2023 – I ZR 27/22) sich mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen ein Affiliate-Partner von Amazon als Plattformbetreiber nach § 8 Abs. 2 UWG für unlautere Handlungen des Partners einstehen muss. Nach dieser Norm geht es um die Haftung des Inhabers des Unternehmens für unlautere geschäftliche Handlungen des „Beauftragten“. Im Hintergrund steht hier folgender Sachverhalt: Die Beklagte zu 1) betrieb ein Amazon-Partnerprogramm. Bei diesem steht es Dritten (Affiliates) frei, auf der eigenen Webseite Links zu der Verkaufs-Plattform von Amazon für eigene Angebote zu setzen. Wird auf diesem Weg ein Kaufvertrag über die Plattform vermittelt, dann erhält der Affiliate dafür eine Provision. Die von dem Affiliate geschaltete Werbung hielt die Klägerin im Streitfall für irreführend. Sie nahm daher Amazon als die Betreiberin der Plattform nach § 8 Abs. 2 UWG auf Unterlassung in Anspruch.

Der BGH, Urt. v. 24.1.2023 – XI ZR 257/21, hat erneut über Revisionen des Musterklägers, eines Verbraucherschutzverbands, und der Musterbeklagten, einer Sparkasse, gegen ein Musterfeststellungsurteil des OLG Dresden über die Wirksamkeit von Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen entschieden.

Aktuell in der ZIP
Habersack hat in ZIP 2022, 1621 in Übereinstimmung mit dem OLG Frankfurt (OLG Frankfurt v. 25.5.2022 - 4 U 310/19, ZIP 2022, 1556) die These vertreten, bei unzulässigen Dividendenzahlungen könne nur der gutgläubige Aktionär, der gem. § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG gesellschaftsrechtlich nicht auf Rückgewähr haftet, der Anfechtung nach § 134 InsO unterliegen, während der bösgläubige und deshalb nach § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG zur Rückgewähr verpflichtete Aktionär die Unentgeltlichkeitsanfechtung nicht fürchten müsse. Dieses groteske Ergebnis beruht auf der fehlerhaften, im Urteil BGHZ 214, 350 begründeten Rechtsprechung des BGH zur Anfechtung rechtsgrundloser Leistungen nach § 134 InsO, die ihrerseits deutliche Wertungswidersprüche produziert und deshalb dringend der Korrektur bedarf.

BGH v. 31.1.2023 - II ZR 144/21
Der für das Gesellschaftsrecht einschließlich des Vereinsrechts zuständige II. Zivilsenat hat entschieden, dass eine politische Partei einen parteiangehörigen ehrenamtlichen Bürgermeister auf Grundlage ihrer Satzung auf Zahlung eines Teils seiner Aufwandsentschädigung als Sonderbeitrag (sog. Amts- bzw. Mandatsträgerbeitrag) gerichtlich in Anspruch nehmen kann.

Das Bundeskartellamt hat der Arbeitsgemeinschaft von Hilfsmittelverbänden (ARGE) seine vorläufigen Ermittlungsergebnisse im Verfahren wegen gemeinsamer Preisaufschläge zu Lasten der Krankenkassen zur Stellungnahme übersandt. Die ARGE repräsentiert einen Großteil der relevanten Leistungserbringer (insb. Sanitätshäuser) für Hilfsmittel im Bereich Reha und Pflege (Rollatoren, Sitzhilfen u.v.m.).

BGH v. 6.12.2022 - X ZR 47/22
Für die Beurteilung, ob das Klagehindernis nach § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG vorliegt, ist nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage. Hierbei sind auch Änderungen zu berücksichtigen, die erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind. Das Klagehindernis fällt weg, wenn das Europäische Patentamt entschieden hat, dass das Patent mit einer geänderten Fassung seiner Ansprüche aufrechterhalten wird, und diese Entscheidung nicht mehr angefochten werden kann. In dieser Konstellation ist eine Nichtigkeitsklage nur noch insoweit zulässig, als sie darauf gerichtet ist, den Rechtsbestand des Patents in weitergehendem Umfang zu beseitigen, als dies nach der bindenden Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist.

BAG v. 24.11.2022 - 2 AZR 11/22
Das Kündigungsverbot aus § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG beginnt 280 Tage vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin.

Die Bundesregierung hat die vorzeitige Aufhebung der SARS-CoV-2-Arbeits­schutzverordnung beschlossen. Die SARS-CoV-2-Arbeits­schutzverordnung wird zum 2. Februar 2023 aufgehoben. Die Aufhebung der sog. Corona-Arbeits­schutzverordnung erfolgt damit zeitgleich zur Aufhebung der Maskenpflicht im Personen­fernverkehr.

BGH v. 8.12.2022 - IX ZB 72/19
Nach dem autonomen internationalen Insolvenzrecht hindert ein in einem Drittstaat gestellter Eröffnungsantrag allein nicht die internationale Zuständigkeit deutscher Insolvenzgerichte.

BGH v. 13.12.2022 - XI ZB 10/21
Der Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gilt auch dann, wenn der Anleger seine Beteiligung erst nach Ablauf der in § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG a.F., § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG a.F. bestimmten Sechs-Monats-Frist gezeichnet hat.

Schleswig-Holsteinisches OLG v. 24.11.2022 - 5 U 141/21
Wird die Bausparvertragssumme vorfinanziert, so ist die Abschlussgebühr bei der Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes auf denjenigen des Vorfinanzierungsdarlehens und denjenigen des Bauspardarlehens prozentual aufzuteilen. Die prozentuale Verteilung richtet sich nach der prozentualen Verteilung von Bauspardarlehen und angesparten Raten im Verhältnis zur Bausparvertragssumme.

BGH v. 8.12.2022 - IX ZR 175/21
Die Herstellung einer Aufrechnungslage ist nicht allein deshalb inkongruent, weil die Aufrechnungsbefugnis in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden ist.

BGH v. 26.1.2023 - I ZR 27/22
Der Betreiber eines Affiliate-Programms haftet nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt.

BGH v. 6.12.2022 - II ZR 187/21
Die Unanfechtbarkeit eines sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses schließt ein darauf gestütztes, auf Wiederherstellung der ursprünglichen Satzung gerichtetes Schadensersatzverlangen des geschädigten Gesellschafters nicht aus, soweit ihm nicht schutzwürdige Rechte Dritter entgegenstehen.

In einer kartellrechtlich höchst bedeutsamen Entscheidung hatte der EuGH, Urt. v. 19.1.2023 – C-680/20 – Unilever Italia Mkt. Operations, auf Vorlage des Consiglio di Stato über die unionsrechtlich gebotene Auslegung des Kartellverbots nach Art. 101 AEUV in einem Rechtsstreit zu urteilen, der zwischen Unilever und der italienischen Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (AGCM) zur Entscheidung anstand. Der Vorwurf: Unilever habe seine beherrschende Stellung beim Vertrieb von Massenkonsumgütern, darunter auch von Speiseeis, missbraucht. Diese Produkte waren nicht für den Verkauf an Haushalte bestimmt, sondern wurden über im Rahmen einer Ausschließlichkeitsklausel gebundene Vertriebshändler in Bars, Cafés, Sportstätten etc. angeboten.

Am 20.1.2023 hat der Bundestag das Umsetzungsgesetz zur RL (EU) 2019/2121 (grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen) beschlossen. Seine wesentlichen Punkte sind, wie das BMJ wissen ließ, folgende:

Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten ist unwirksam, wenn der Zusteller nicht zuvor versucht, die Postsendung mit dem Schriftstück persönlich zu übergeben. Dies gilt auch während der Covid-19-Pandemie. Das hat der BFH, Urt. v. 19.10.2022 – X R 14/21, entschieden.

Berichtet ein Rechtsanwalt über einen erstrittenen gerichtlichen Erfolg auf seiner Homepage und wird diese Entscheidung später rechtskräftig aufgehoben, muss er diesen Bericht nicht nachträglich löschen. Auf Verlangen des Betroffenen wäre er jedoch verpflichtet, den Beitrag zu aktualisieren (Nachtragsanspruch). Das hat das OLG Frankfurt, Urt. v. 15.12.2022 – 16 U 255/21, entschieden.

Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, jedoch Wünsche anmelden können, denen dieser allerdings nicht nachkommen muss, dürfen bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden. Das hat das BAG, Urt. v. 18.1.2023 – 5 AZR 108/22, entschieden.

Aktuell in der ZIP
Zu optimistische und einseitige Anlageempfehlungen geben in Zeiten von Finanzkrisen und -skandalen immer wieder Anlass zu rechtspolitischer Kritik an den kapitalmarktrechtlichen Vorgaben. Auch der Fall der Wirecard AG legt es nahe, über die Rolle und das Recht der Finanzanalysen noch einmal gründlich nachzudenken: die trotz aller Warnzeichen fortgesetzt positiven Empfehlungen für Kapitalmarktteilnehmer waren ein wichtiger Teil eines Finanzsystems, das beim Zusammenbruch der Wirecard AG insgesamt versagt hat. Der Beitrag geht darauf ein und entwickelt einige Vorschläge, wie das Recht auf die Erfahrungen mit einem der bislang größten Unternehmenszusammenbrüche in Deutschland reagieren sollte.

BGH v. 24.1.2023 - XI ZR 257/21
Der u.a. für das Bank- und Kapitalmarktrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH hat erneut über Revisionen des Musterklägers, eines Verbraucherschutzverbands, und der Musterbeklagten, einer Sparkasse, gegen ein Musterfeststellungsurteil des OLG Dresden über die Wirksamkeit von Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen entschieden.

LAG Hamm v. 23.11.2022 - 9 Sa 682/22
Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine Vereinbarung, nach der „ein monatliches Fixum in Höhe von […] sowie Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung“ gewährt werden, ist auch bzgl. des monatlichen Fixums betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.

LSG NRW v. 1.9.2022 - L 9 AL 106/22 B ER
Wird eine abhängige Beschäftigung zwecks Wiederaufnahme einer pandemiebedingt aufgegebenen Selbständigkeit gekündigt, liegt zumindest ein Härtefall vor, sodass eine Verkürzung der Sperrzeit des Anspruchs auf Arbeitslosengeld geboten sein kann.

EuGH v. 19.1.2023 - C-680/20
Missbrauch einer beherrschenden Stellung: Ausschließlichkeitsklauseln in Vertriebsverträgen müssen geeignet sein, Verdrängungswirkungen zu entfalten. Die Wettbewerbsbehörde ist verpflichtet, die tatsächliche Eignung zur Verdrängung auch unter Berücksichtigung der Beweise zu prüfen, die von dem Unternehmen in beherrschender Stellung vorgelegt wurden.

VG Köln v. 19.1.2023 - 13 K 2382/21 u.a.
Das Bundesgesundheitsministerium ist zur Herausgabe von Informationen über die Beschaffung von FFP-2-Masken im Zuge der Corona-Pandemie verpflichtet. Herauszugeben sind Gutachten und anderweitige Stellungnahmen einer Beratungsgesellschaft und einer Anwaltskanzlei sowie dem Grunde nach auch E-Mail-Korrespondenz zwischen dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn und der Unternehmerin Andrea Tandler.

OLG Frankfurt a.M. v. 15.12.2022 - 16 U 255/21
Berichtet ein Rechtsanwalt über einen erstrittenen gerichtlichen Erfolg auf seiner Homepage und wird diese Entscheidung später rechtskräftig aufgehoben, muss er diesen Bericht nicht nachträglich löschen. Auf Verlangen des Betroffenen ist er jedoch verpflichtet, den Beitrag zu aktualisieren (Nachtragsanspruch).

Das Bundeskartellamt hat ein Verfahren gegen die PayPal (Europe) S.à r.l. et Cie, S.C.A. wegen möglicher Behinderung von Wettbewerbern und Beschränkung des Preiswettbewerbs eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens sind die in den Nutzungsbedingungen von PayPal für Deutschland festgelegten „Regeln zu Aufschlägen“ und zur „Darstellung von PayPal“.

Rechtliche Konflikte lösen ohne Streit vor Gericht - für diesen ressourcenschonenden Weg der Konfliktbeilegung wirbt das neue Streitschlichtungsportal "Recht ohne Streit". Die Initiatoren bieten Menschen, Unternehmen oder Institutionen, die von einem zivilrechtlichen Konflikt betroffen sind, konkrete digitale Hilfestellungen.

LG München I v. 19.1.2023 - 1 HK O 13543/21
Die 1. Kammer für Handelssachen des LG München I hat in einem Markenstreit zwischen zwei Automobilherstellern zugunsten der Klageseite entschieden und der Beklagten die angegriffene Werbung untersagt.

KG Berlin v. 23.11.2022 - 22 W 50/22
Die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt auch für die Erben eines GmbH-Gesellschafters. Sie können Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für einen Nachlasspfleger, der für die unbekannten Erben des Gesellschafters bestellt ist.

Vor dem LAG Düsseldorf wurde am 19.1.2023 ein Schadensersatz-Prozess durch Vergleich beendet, in dem die Verwendung von Aufnahmen einer Dashcam zu Beweiszwecken streitig war. Das LAG hielt die Aufnahmen für verwertbar, obwohl ein Datenschutzverstoß vorlag.

The Irish Data Protection Commission (“DPC”) has announced the conclusion of an inquiry into the processing carried out by WhatsApp Ireland Limited (“WhatsApp Ireland”) in connection with the delivery of its WhatsApp service, in which it has fined WhatsApp Ireland €5.5 million (for breaches of the GDPR relating to its service). WhatsApp Ireland has also been directed to bring its data processing operations into compliance within a period of six months.

The EDPB has adopted a report on the findings of its first coordinated enforcement action, which focused on the use of cloud-based services by the public sector. The EDPB underlines the need for public bodies to act in full compliance with the GDPR and includes recommendations for public sector organisations when using cloud-based products or services. In addition, a list of actions already taken by data protection authorities (DPAs) in the field of cloud computing is made available.

BGH v. 22.11.2022 - XI ZB 28/21
Die spezialgesetzliche Prospekthaftung gem. den § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung schließt in ihrem Anwendungsbereich auch eine Haftung eines Gründungsgesellschafters als Treuhandkommanditist unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB aus.

Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, sich in seiner Freizeit zu erkundigen, ob sein Dienstplan geändert worden ist. Er ist auch nicht verpflichtet, eine Mitteilung des Arbeitgebers – etwa per Telefon – entgegenzunehmen oder eine SMS zu lesen. Nimmt er eine Information über eine Dienstplanänderung nicht zur Kenntnis, geht ihm diese erst bei Dienstbeginn zu. Das hat das LAG Kiel, Urt. v. 27.9.2022 – 1 Sa 39 öD/22, entschieden.